Beschreibung:

979 Seiten. OKart.-Einband. Gutes Exemplar. 25x17 cm

Bemerkung:

* Wie geht ein Rotary Club mit einer Diktatur um? Das ist die zentrale Frage des Buches von Paul Erdmann. Ist die Lösung Anpassung, ist sie Gleichgültigkeit, ist sie Widerstand? Als zivilgesellschaftliche private Organisation mit ihren Prinzipien der Meinungs- und Religionsfreiheit sowie der Toleranz standen die Rotarier konträr zu den nationalsozialistischen Machthabern. Diese wollten zunächst von der Internationalität der Rotary Clubs profitieren und ihre Kontakte ins Ausland propagandistisch nutzen. Der Preis für eine Erhaltung der Clubs sollte die Trennung von ihren jüdischen, freimaurerischen, marxistischen, sozialdemokratischen und anderen missliebigen Mitgliedern sein. Für Rotarier mit ihren Werten Freiheit, Gleichheit und Toleranz war das eine völlig inakzeptable Forderung. Dennoch verschwanden zwischen 1932 und 1933 insgesamt 500 Namen aus den Mitgliederverzeichnissen fast ein Drittel aller damaligen Rotarier. Das prominenteste Opfer: Der Schriftsteller und Nobelpreisträger Thomas Mann. Doch wer waren die anderen? Wie viele von ihnen gingen freiwillig, weil sie um ihre Karriere fürchteten? Paul Erdmann analysiert exemplarisch, wie sich die Rotary Clubs Stuttgart und München zwischen 1933 und 1937 im Nationalsozialismus verhielten, welche Gratwanderung sie versuchten, welche Konflikte daraus entstanden. Das Fazit des Autors: Die Schwachen passten sich an, die Starken widersetzten sich einige um den Preis der eigenen Vernichtung. Ein wichtiges und notwendiges Buch über die deutsche Vergangenheit dieser großen weltweit vertretenen Serviceorganisation. ----- Rotary im Deutschen Reich (1927?1932): Das Deutsche Reich galt erst nach dem Beitritt zum Völkerbund 1926 als rehabilitiert. Der erste deutsche Klub konnte daher erst am 7. Oktober 1927 in Hamburg gegründet werden. Gründungspräsident war Altkanzler Wilhelm Cuno. Die zweite deutsche Klubgründung erfolgte im Dezember 1927 in Frankfurt am Main. Die ehemaligen Residenzstädte des Deutschen Kaiserreichs wurden wegen der Kriegsschuldfrage bewusst nachgereiht. Die Reichshauptstadt Berlin bekam erst 1929 ihren ersten Rotary Klub. Im selben Jahr wurde auch ein eigener Rotary-Distrikt für alle deutschen und österreichischen Rotary Clubs mit der Nr. 73 gegründet. Ende 1932 gab es 35 Clubs mit ca. 1.700 Mitgliedern (mit durchschnittlich 49 Mitgliedern je Klub). 1929 wurden mit Belgrad und Zagreb auch die ersten Clubs in Jugoslawien gegründet. 1931 folgte mit dem RC Warschau der erste Club in Polen und 1933 mit dem RC Riga (Lettland) der erste Club im Baltikum. In der Sowjetunion war Rotary von Anfang an verboten. Rotary in der Zeit des Nationalsozialismus (1933?1937): Bereits zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland schlossen einige, wie der Rotary Klub München, wenn auch nicht alle deutschen Rotary Klubs, ihre jüdischen Mitglieder aus. Andernorts wurde jüdischen oder anderweitig nicht erwünschten Mitgliedern der Austritt ?nahegelegt?, andere verließen Rotary oder das Land aus eigenem Antrieb. Zu den ?verlorenen?, tatsächlich aber ausgeschlossenen Mitgliedern zählte beispielsweise Thomas Mann oder Konrad Adenauer. Vielerorts hatten Rotary-Klubs allerdings schon vor 1933 keine ?Juden und Marxisten? als Mitglieder. Rotary Deutschland schrumpfte im Jahr 1933 von 1700 auf 1200 Mitglieder. Der nationalsozialistischen Führung war Rotary wegen ihrer internationalen Organisation dennoch suspekt. Günther Beindorff, Mitinhaber der Firma Günther Wagner (Pelikan), war von 1924 bis Mai 1933 Mitglied der Hannoverschen Freimaurerloge ?Zum schwarzen Bär?. Er trat 1932 in den RK Hannover ein und war 1935/36 dessen Präsident. 1936 wurde er zum Obmann für den Jugendtausch des Distriktes 73 von Governor Schneiderhahn berufen. Da er im Jahre 1937 auf einer Gestapo Liste immer noch verdächtigt wurde, Freimaurer zu sein, gab er sein Amt als Leiter der Zentralstelle für Jugendaustausch im 73. Distrikt am 7. September 1937 an Governor Hugo Grille zurück. Zu den Rotariern zählten damals auch 150 Freimaurer, die nach dem Verbot der Freimaurerei vom 17. August 1935 als Mitglieder der Rotary-Klubs gehalten wurden. 1937 waren immer noch 115 passive und ehemalige Freimaurer unter den Rotariern. Obwohl internationale Rotarier der deutschen Staatsführung versichert hatten, Rotary sei nicht politisch aktiv und nehme auf Regierungsangelegenheiten keinen Einfluss, wurde Beamten und NSDAP-Mitgliedern die Doppelmitgliedschaft bei Rotary ab 1. Januar 1938 untersagt. Einige deutsche Rotary Klubs nahmen an, sie könnten die nationalsozialistische Regierung durch Anpassung beeinflussen. Der Governor Hugo Grille gab in einer Denkschrift vom 13. August 1937 an den Reichsinnenminister Wilhelm Frick eine Unterwerfungserklärung für die Klubs ab. Die beinhaltete 1. die Erklärung unbedingter Treue zu Adolf Hitler, 2. die Zusage, keine ?Juden? im Klub zu dulden, 3. alle von der obersten Parteiführung geäußerten Wünsche zu erfüllen, 4. die Bitte, ein hohes Parteimitglied mit der Führung des Klubs zu betrauen und 5. die Bereitschaft, alle zukünftigen Entscheidungen der Klubs vorher der Reichsführung zur Genehmigung vorzulegen. Die Reichsregierung ging auf dieses Angebot nicht ein. Bei der außerordentlichen Distriktversammlung vom 4. September 1937 in Berlin beschlossen die deutschen Klubs, bis auf drei Ausnahmen, sich bis zum 15. Oktober 1937 selbst aufzulösen. Governor Hugo Grille teilte der Gestapo am 28. Oktober 1937 mit, dass sich zum 15. Oktober 1937 alle 43 reichsdeutschen Rotary-Klubs mit 1082 Mitgliedern incl. des RK Danzig aufgelöst haben. Damit entgingen sie einem möglichen Verbot bzw. einer Gleichschaltung. In Österreich erfolgte die Auflösung am 18. März 1938 etwa eine Woche nach dem Anschluss Österreichs. Bis zum Jahr 1937 waren alle Rotary Clubs in Deutschland und Österreich in einem gemeinsamen Distrikt mit der Nr. 73 organisiert. Dieser Distrikt umfasste insgesamt 44 Clubs in Deutschland und 11 Clubs in Österreich. Mitgliedern von Rotary-Klubs, wie August Reuss, wurde jedoch aufgrund ihrer Mitgliedschaft der Eintritt in die NSDAP verwehrt. (Quelle Wikipedia)