Beschreibung:

333 S. : 1 Ill. ; 20 cm. Originalleinen mit Schutzumschlag.

Bemerkung:

Aus dem Vorbesitz von Sibylle Lewitscharoff mit kleinen Bleistiftanstreichungen oder -kreuzchen, beiliegend ihre Visitenkarte, gutes Ex. - EA. - Peter Handkes ... episches großes Werk, bei dem die Musen nicht am Anfang, sondern am Ende angerufen werden, ist Erzählung und gleichzeitig Erforschung der Erzählung, deren Entstehung und Bedeutung. "Ein Vierteljahrhundert oder ein Tag ist vergangen, seit ich, auf der Spur meines verschollenen Bruders, in Jesenice ankam." Der 45jährige Filip Kobal erinnert sich in diesem ersten Satz des ersten Kapitels "Das blinde Fenster", wie er, noch nicht 20 Jahre alt, im Sommer i960 von seinem Heimatdorf im südlichen Kärnten in die jugoslawische Republik Slowenien aufbricht, um seinen verschollenen Bruder Gregor zu suchen. Auf seiner Suche wird ihm deutlich, daß er den Bruder letztlich gar nicht finden, sondern ihn aus dem Undeutlichen seines Schicksals herausfinden, ihn erzählen will. Kobals Erinnerungen ergeben ein präzises Bild der "Kindheitslandschaft", in der Lebensentscheidendes fehlte und in der ihm Jugend vorenthalten blieb. Das blinde Fenster an der Seitenwand des Bahnhofs des österreichischen Grenzortes erinnerte ihn daran, daß sein Vater einmal vergeblich versucht hatte, seinen an "Augenfieber" leidenden Bruder zum Zug nach Klagenfurt und zu einem Arzt zu bringen. Jetzt wurde ihm dies Fenster zu einem Zeichen der Umkehr, "es bedeutete mir, Freund, du hast Zeit". In diesem Sinne hieß Erinnern für Kobal nicht, daß das, was gewesen war, wiederkehrte, sondern: "Was gewesen war, zeigte, indem es wiederkehrte, seinen Platz. Wenn ich mich erinnerte, erfuhr ich: So war das Erlebnis, genau so!" Peter Handkes Wiederholung ist kein Sichwiederholen, sondern ein Sich-Wieder-Holeh, einen neuen Anfang machen; wiederholen heißt nicht es war einmal, sondern "Fang an". Das zweite, umfangreichste Kapitel, "Die leeren Viehsteige", erzählt von dem Aufbruch Filip Kobals nach dem Süden, über die Schwelle der Grenze von Österreich nach Jugoslawien. Und wie die blinden Fenster den Erzähler im Grenzort leiteten, so auf dieser Reise die beiden "Bruderbücher", die der Ältere dem Jüngeren vererbt hatte. (Verlagstext) ISBN 3518025805