Beschreibung:

105 Seiten; 21,5 cm; fadengeh., goldgepr. Orig.-Leinenband.

Bemerkung:

Gutes, stabiles Exemplar; Einband stw. berieben; Titelblatt mit hs. Besitzvermerk; Seiten minimalst nachgedunkelt; leichte Gebrauchs- u. Lagerspuren. - " ... der Instinkt (ist) ein wahrer und unfehlbarer Führer, sobald man sich ihm erschlossen hat. Es wäre ganz falsch, zu glauben, daß man ihn durch besondere Methoden wecken, üben und ausbilden könnte. Nein, die Sache liegt gerade umgekehrt: man muß sich selbst für ihn wecken und muß den Mut haben, ihm blindlings zu folgen. Natürlich wird es einem Menschen, der ein Leben satter Beschaulichkeit, kleinlicher Beschränkung oder selbstgefälliger Grübelei führt, kaum geschehen, daß er den wundervollen Trieb in sich verspürt, denn er gibt ihm ja niemals Gelegenheit, sich zu betätigen. Wer aber durch Kampf, Wagnis, Sehnsucht und Schicksal wandelt, der wird ihm begegnen und es wird ihm sein, wie das Weben einer unergründlichen Allgewalt, deren Gesetz jenseits von Denken und Berechnung liegt. Unsere heutige Zeit ist irgendwie im Tasten nach dieser geheimnisvollen Kraft begriffen, doch sie schlägt dabei falsche, künstlich verschlungene oder oberflächliche Bahnen ein. Sie ahnt die Notwendigkeit des Unverstandesmäßigen und wirft sich dem Aberglauben in die Arme. Sie sucht das Geheimnis des Schicksals in den Sternen, in den Linien der Hand, im Zufall der Karten, in okkulten Begegnungen mit Geistern und sie durchmißt dabei die gleichen Irrwege, die frühere Jahrhunderte gingen, als sie die Götter auf den Olymp und die Teufel in den Hades verschoben, statt beiden ihre wahre Heimat: die Menschenbrust zuzugestehn. Was Wert hat an den mystischen Dingen, ist das instinktive Schicksalsgefühl, das zwischen dem Wahrsager und dem Wahrheitsucher hin und wieder als Vorbedingung des Gelingens ihrer Tätigkeit den Glauben verlangen, d. h. die gedankenlose Aufgeschlossenheit des Unbewußten. Ein anderer Versuch der Heimkehr zum Instinkt ist der Sport. Seine eifrige Pflege hat zweifellos den Vorteil mit sich gebracht, daß die Jugend von den Büchern und der Jongliertätigkeit des Verstandes abgezogen und zur Ausbildung körperlicher Kraft und Gesundheit angelockt wird. Der Leib war als unbewußt funktionierende Maschine jahrzehntelang stark vernachlässigt worden, weil man die Teile der menschlichen Natur unterhalb des Denkapparates nicht der Beachtung wert fand. Daß hier ein gründlicher Umschwung stattgefunden hat, ist schon ein Zeichen der Besserung in der Richtung auf den Instinkt hin. Aber es kann sich dabei nur um einen leiblichen Instinkt handeln, der erst die Vorstufe zu dem höheren, ethischen ist. Die berühmte Geistesgegenwart der Sportheroen hat streng genommen mit Geist nichts zu tun, sondern ist eine rasche, sichere Betätigung der Sinne, die auf die Selbsterhaltung des Körpers im Augenblick der Gefahr eingestellt sind. Das ist gewiß durchaus begrüßenswert, aber es ist noch lange nicht genug, um vollwertige Menschen zu schaffen. Dazu müssen auch die feineren Fähigkeiten zur Entfaltung gelangen, zu denen die hier behandelte unbedingt zu rechnen ist. Es ist ganz klar, daß die Gesundheit des Leibes überaus wichtig ist für die Gesundheit der Seele, denn beides läßt sich einfach nicht voneinander trennen, doch man soll sich nicht einbilden, daß kräftige Muskeln, schlanker Wuchs und rasche anmutige Bewegungen schon den Freibrief auf edles Menschentum bedeuten. Das ist ein Irrtum, der heutzutage nach allem, was bisher in gegenteiliger Richtung gesündigt wurde, vielleicht begreiflich, aber nichtsdestoweniger verhängnisvoll ist. Der seelische Instinkt als Triebfeder fürs Dasein entwik-kelt sich wie der leibliche nur im Kampf auf seinem besonderen Gebiet. Für ihn gibt es keine Ersatzstoffe in Aberglauben oder in Sport. Und für ihn gibt es keine Lehrbücher oder Schulen und kein Stadion, sondern allein die Arena des Lebens. Sobald wir uns ihr zuwenden, mit dem rückhaltlosen Willen, auf ihr zu bestehen, rufen wir ganz von selbst die Kraft herbei, die dafür in uns bereitgelegt wurde. Niemand kann das logisch beweisen und die kleinmütigen Diener des Intellektes werden immer zweifelnd zur Seite stehen. Aber sicher kommt der Tag, an dem die "Taugenichtse" den "Weisen" Geheimnisse ins Ohr raunen werden, die diese sich niemals haben träumen lassen. Und an diesem Tage wird einer von den Taugenichtsen verkünden: Glück ist Begabungssache. Aber die Begabung hierzu liegt nicht im Verstand, sondern im Instinkt. Denn Instinkt ist letzten Endes Schicksalswitterung. ... " (S. 55 - 57)