Beschreibung:

188 Seiten; 24,5 cm; fadengeh. Orig.-Leinenband.

Bemerkung:

Gutes Ex.; Einband berieben; geringe Bleistift-Eintragungen. - Sammlung von Texten v. Jerzy Pytlakowski; Jan Pluta; Seweryna Szmaglewska; Tadeusz Holuj; Wladyslaw Broniewski; Stanislaw Stomma u.a. // " ... Auf den Feldern reift das Korn; die Ähren werden fahl und schwer. Die Zeit vergeht. Eines Tages begannen sich weit vom Lager entfernt die wogenden Felder in gleichmässig voneinander entfernte Kornpuppen aufzulösen. Die Ernte nahm ihren Anfang. Gleich hinter dem Wachhäuschen des Postens blüht gelblich ein riesiges Rapsfeld. Immer wenn der Wind aus dieser Richtung weht und die Rauchschwaden der Krematorien vertreibt, erfüllt der gesegnete Duft der winzigen Blüten den Raum zwischen den Baracken. Innerhalb des Lagers scheint die Zeit jedoch stillzustehen. Das gleiche Grauen steht über jeder Stunde des Tages und der Nacht: die rauchenden Krematorien und die zu ihnen hinströmenden Menschen-mengen. Wegen schärfster Gaseinsparungen werden Kinder lebendigen Leibes verbrannt. Deshalb werden sie sofort abgesondert weitergeleitet. Eines Tages entschlüpft dem wachhabenden SS-Mann unmittelbar vor dem Krematorium ein kleiner, vielleicht fünfjähriger Junge und läuft mit der ganzen Kraft seiner kleinen Beinchen zurück an der Rampe entlang. Wohin sollte er denn schon weglaufen, wo denn Schutz suchen. Gering sind hier die Fluchtchancen. SS-Mann Perschel springt aufs Motorrad und nimmt die Jagd nach dem Ausreisser auf. Die Augen irren ruhelos in seinem blassen Gesicht hin und her, als könne er keinen Augenblick geradeaus schauen. Tausende Augenpaare verfolgen diese Jagd. Der Weg ist breit und leer und hat eine ausgezeichnete Schotterdecke. Trotzdem überschlägt sich das Motorrad an einer jähen Biegung und der schwerverletzte Perschel verschwindet aus dem Lager. Viele Häftlinge wünschen ihm den Tod; doch nach langer Krankheit kehrt er mit einem etwas kürzeren, steifen Bein zurück. Er wird noch den Januar 1945 in Birkenau erleben. Wieder ist ein Transport eingetroffen. Es ist Nacht. Die Feuer der Krematorien und die auf der Rampe mit Petroleum übergossenen Kehrrichthaufen - man hat der Flammen in der Nacht anscheinend nicht genug - beleuchten einen brodelnden Lagerplatz. Ein Bote rennt zum Block der Kapelle mit dem Befehl, sich am Tor aufzustellen. In der Dunkelheit werden die Notenständer aufgebaut, und das flackernde Licht der Flammen fällt auf die Noten. Ein nächtliches Konzert beginnt. Bei den Waggons schreien die SS-Männer wie besessen, jammern die Geschlagenen, weinen die Kinder, und auf diesem akustischen Hintergrund erklingen die Melodien spanischer Tänze, sehnsüchtiger Serenaden, sentimentaler Lieder. ? " (S. 93/94)