Beschreibung:

ARCADIA ART Paul Dierkes (1907 Cloppenburg - 1968 Berlin), Archaischer Kopf. Kalkstein, 1952. 15 x 9 x 12 cm (ohne Sockel), 19 x 10 x 11 cm (mit Sockel), rückseitig mit "PD" monogrammiert. - Geformte Ursprünglichkeit - Die aus Kalkstein gehauene Skulptur ist auf den ersten Blick als menschlicher Kopf zu erkennen, obwohl er gar kein ausgeformtes Gesicht aufweist. Die Nase, die Augen und die Ohren sind einzig angedeutet und doch derart präsent, dass wir sie sofort als Merkmale eines Kopfes gewahren und die Wölbung über der Nase als Stirn und die Partie unter ihr als Kinn und Hals identifizieren und meinen, den Mund und die Augenbrauen zu sehen, obwohl diese nicht einmal angedeutet sind. Wir betrachten eine Art Urform des Kopfes, wobei der Kopf selbst gar nicht die Form eines menschlichen Kopfes aufweist, wie er in natura beschaffen ist. Es handelt sich aber auch nicht um die geometrische Form eines Kreises oder Ovals, die einen ursprünglichen und zugleich zeitlosen Charakter aufweisen würde. Vielmehr sehen wir eine von einem Schöpfer geformte Form, die sich geometrisch nicht auflösen lässt, obwohl sie - insbesondere aus der Seitenansicht - eine geometrieähnliche Strenge aufweist, wodurch eine Ähnlichkeit mit den Köpfen Oskar Schlemmers gegeben ist. Im Gegensatz zu den Figuren Schlemmers gibt sich das Werk Dierkes aber als etwas Geschaffenes zu erkennen: Überall sind Spuren des Scharriereisens und Schläge der Meißel sichtbar. Der Kopf ist ein handwerklich gemachtes Kunstwerk, das wie ein archaisches Artefakt erscheint. Die Ursprünglichkeitswirkung betrifft folglich sowohl die Darstellung als auch die Herstellung: Das einzig angedeutete Gesicht reicht hinter jede konkret ausformulierte Physiognomie zurück, so dass hier eine an die Figuren der Osterinsel gemahnende ,Ur-Individualität' vor Augen steht, die anmutet, als ob sie mit primitiven Werkzeugen von einem ursprünglichen Gestaltungswillen geschaffen worden wäre. Der Eindruck der Ursprünglichkeit wird durch das uralte Material Stein verstärkt, auf dem die Bearbeitungsspuren zugleich als Spuren der Verwitterung wahrgenommen werden, wodurch der Kopf wie ein geheimnisvolles archäologisches Artefakt wirkt, das je nach Drehung und Lichteinfall immer neue Aspekte offenbart. Dazu passt der ebenfalls sein eigenes Material präsentierende Holzsockel, auf dem der Kopf freibeweglich aufliegt. zum Künstler Als Sohn eines Steinmetzen war Paul Dierkes von Kindesbeinen an mit dem Werkstoff Stein vertraut. Nach einer Steinmetzlehre entschied er sich, dieses Material auch künstlerisch zu erschließen und Bildhauer zu werden. Zunächst studierte er an der Kunstakademie Königsberg bei Stanislaus Cauer. 1931 wechselte er an die Münchner Akademie und erhielt dort ein Romstipendium. Anschließend fand er in Berlin seinen Lebensmittelpunkt. Erste Einzelausstellungen folgten, unter anderem in der Berliner Galerie Ferdinand Möller und dem Augusteum in Oldenburg. Dierkes unternahm Studienreise nach Amsterdam, Prag und Paris. Um der Einberufung unter den Nationalsozialisten zu entgehen, verließ er Berlin und wurde nach Kriegsende in Groß-Glienicke sesshaft, zog nach der Teilung Deutschlands jedoch wieder nach West-Berlin. 1947 wurde er an die Berliner Hochschule für Bildende Künste berufen und 1948 zum Professor ernannt. Bis zu seinem Tod leitete er 20 Jahre den Fachbereich für Stein und Holz. Einer seiner Meisterschüler war Heinz Spilker. Paul Dierkes zählt zu den Protagnisten, die die moderne Skulptur im Nachkriegsdeutschland etabliert haben. Er schuf archaisch wirkende Formen, die eine Aura des Ursprünglichen entfalten und mit ihren figürlichen Allusionen zugleich eine hohe symbolische Valenz aufweisen. Durch die Ursprünglichkeitswirkung ist eine Verwandtschaft seiner Kunst mit der Architektur gegeben, die Dierkes dazu geführt hat, mit Egon Eiermann, Peter Poelzig und Sep Ruf zusammenzuarbeiten. Zahlreiche seiner Werke prägen den öffentlichen Raum [...]