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Graphem. Kunst- und Buchantiquariat.
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ARCADIA ART Hans Harders (1875 Mörel - 1955 Berlin), Goethe (Buchstütze). Patnierter Gelbguss auf Holzsockel montiert, 15 x 12 x 6 cm (Darstellung), 17 x 14,5 x 7 cm (mit Postament) im Guss mit "HARDERS" signiert. - Nasenspitze etwas berieben, sonst in sehr gutem Zustand - Goethes Willen - Hans Harders Goethe reiht sich in die noch weitgehend ungeschriebene Kunstgeschichte der Buchstütze ein. Mit dem Aufkommen der bürgerlichen Bibliotheken entwickelte sich im 19. Jahrhundert diese neue Kunstgattung. Die Buchstützte schöpft ihr Potenzial als Kunstwerk aus, wenn sie sich auf das Buch bezieht und dies nicht allein in formaler Hinsicht, sondern auf das Buch als Manifestation des Geistigen. In diesem Sinne steht mit Hans Harders Goethe ein Hauptwerk der damals noch jungen, aber äußerst florierenden Kunstgattung vor Augen. Wir sehen eine Porträtbüste Goethes, bei der die äußerst markant herausgearbeiteten Züge dem Antlitz des Dichterfürsten etwas Monumentales verleihen. Die mächtige Nase stößt gradlinig nach vorne und auch das Kinn wölbt sich vor, die Lippen sind leicht aufeinandergepresst, die Augen seherisch geweitet, während die Falten der hohen Stirn ebenso von düsteren Gedanken zeugen wie vom unumstößlichen Willen, dem geschauten Schicksal gerecht zu werden. Auf der die Fläche der Buchstütze bildenden Hintergrundplatte sind im Halbrelief links Mephistopheles und rechts Faust dargestellt, als ob sie Goethes Kopf entstiegen wären. Mephistopheles weist etwas spitzbübisch Durchtriebenes auf und bewegt sich in einem an Moriskentänzer gemahnenden elegant-verführerischen Schritt durch die Welt, um sie sich Untertan zu machen. Faust hingegen ist wie ein Prophet dargestellt, der das Wissen der Welt hinter sich gelassen hat und - wie Gothe - durch die Worte zu sehen beginnt. Eine Reflexion über das ungenügende Buchwissen, wie es Faust in seinem berühmten Monolog formuliert: Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei und Medizin, Und leider auch Theologie Durchaus studiert, mit heißem Bemühn. Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor. Das bloße Lesen, so lassen sich die Worte auf die von der Buchstützte repräsentierte Bibliothek beziehen, führt einzig zu Vielwisserei aber zu nichts Substanziellen. Dementsprechend unterscheidet Friedrich Nietzsche in der zu seinen Unzeitgemäßen Betrachtungen gehörenden Abhandlung Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben (1874) eine monumentalische, eine antiquarische und eine kritische Art der Historie, wobei die antiquarische Betrachtung einen bloß affirmativen Charakter hat, der das Vergangene, beziehungswiese das angesammelte Geschriebene als einen Wert per se betrachtet. Während in den Unzeitgemäßen Betrachtungen auch die antiquarische Perspektive ihre Berechtigung hat, ist in der ergänzten Fröhlichen Wissenschaft (1887) das Monumental-Heroische die einzig den Menschen über sich selbst hinauswachsen lassende Weltsicht. "Was macht heroisch?" - Zugleich", so Nietzsche "seinem höchsten Leide und seiner höchsten Hoffnung entgegengehn." In eben dieser spätnietzscheanischen Zuspitzung hat Harders den Ausdrucksgehalt von Goethes Antlitz gestaltet. Goethe wird zum ,Faustischen Menschen' schlechthin, der seine innerliche Zerrissenheit durch heroische Entschlossenheit überwindet und damit zum eigentlichen Sinn des Lebens vordringt, den die Vielleserei nicht zu eröffnen vermag. Der Aufbruch zu einer neuen Transzendenz verbindet Harders Werk mit den Schöpfungen von Fidus. Und die Kraft zur Selbstüberwindung speist sich auch aus der Kraft des in der Bibliothek verwahrten geschriebenen Wortes. Die tatsächlich relevanten Bücher sind aus eben jenem Kampf hervorgegangene heroische Schöpfungen, wie sie Goethe selbst geschaffen hat.