Beschreibung:

203, (1) Seiten. Mit zahlreichen Abbildungen. Illustrierte Originalbroschur. Sehr gutes Exemplar. 21x16 cm

Bemerkung:

* Viele lagen unterm freyen Himmel in den Höfen bey denen Feuern, gantz parfuß, bahrhaupt und im blosen Hembd. Es waren wilde und förchtige Kerl - So schildert der Holzgerlinger Dorfschulmeister Johann Jacob Huber die Begegnung mit dem berühmt berüchtigten Baron von der Trenck, der im Jahre 1743 zusammen mit 800 Panduren und 200 Husaren des österreichischen Heeres in Holzgerlingen Quartier genommen hatte. Es gibt nicht viele Gemeinden im Land, die über eine solch wertvolle kulturhistorische Quelle verfügen, wie sie die Huber?sche Chronik darstellt. Der gelernte Leinenweber hat von 1733 bis 1763 die große Politik, die Kriege in ganz Europa, aber auch das Leben vor Ort, die Witterung, die Fruchtbarkeit sowie die Durchzüge von Soldaten aus aller Herren Länder dokumentiert. Dabei gibt er unvergleichliche Einblicke in die Geschichte Holzgerlingens wie auch in jene des Kreises im Zeitalter der Aufklärung. Das handschriftliche Werk von Johann Jacob Huber, das sich im Besitz der Kirchengemeinde befindet, legt Zeugnis ab von einer außergewöhnlichen Persönlichkeit: In einer Zeit, als die meisten Dorfschulmeister noch einem Handwerk nachgingen und Landwirtschaft betrieben, beschäftigte sich der in Altdorf geborene Huber mit der großen Politik und deren Auswirkungen auf die regionalen und lokalen Verhältnisse. Dies in einer Zeit, als es noch kaum periodische Zeitungen im heutigen Sinne gab. Sein Wissen, sein weiter politischer Horizont dürfte dann auch die kleine Schulstube ?gesprengt? haben. Zugleich war Huber ein genauer Beobachter der örtlichen Lebensverhältnisse. Er gibt in seiner Chronik Einblicke in das bäuerliche Leben, wie sie in keinem Geschichtsbuch nachzulesen sind. So etwa dokumentiert er die Abhängigkeit der Ernteerträge von der Witterung des jeweiligen Jahres wie auch die Einwirkungen des Krieges auf die Landwirtschaft und die Viehzucht. Diese Kombination von lokal-regionaler und weltpolitischer Betrachtung sowie sein journalistischer Stil zeichnen ihn als außergewöhnlichen Historiographen aus, der nicht nur für die Orts- und Kreisgeschichte, sondern auch für die Mentalitäts-, Erfahrungs- und Wissensgeschichte einen unschätzbaren Beitrag leistet. ??Ein Dorfschulmeister und Historiograph von ganz besonderem Format?, findet Kreisarchivarin Dr. Helga Hager, die die Aufzeichnungen aufgearbeitet hat. Mit der Huber?schen Niederschrift gewinne nicht nur Holzgerlingen, sondern auch der Landkreis an historischer Identität. Der historische Hintergrund ? Österreichischer Erbfolgekrieg 1740 -1748 ? Einführung von Dr. Helga Hager. Holzgerlingen ist von Durchzügen und Quartieren betroffen; es hat Soldaten zu stellen. Nachdem Maria Theresia, die Tochter des verstorbenen habsburgischen Kaisers Karl VI., die Herrschaft in den österreichischen Erblanden sowie in Ungarn und Böhmen angetreten hatte, fühlten sich einige deutsche und europäische Mächte ermuntert, an eine Aufteilung der Habsburger-Monarchie zu denken. Die Eroberung Schlesiens durch den König von Preußen stellte den Auftakt dieses europaweiten Krieges dar: Frankreich, Bayern und Preußen auf der einen, Österreich und England auf der anderen Seite.1Kriegsschauplätze waren u. a. Ostmitteleuropa, Bayern und die Rheinlinie. Württemberg versuchte, neutral zu bleiben. Einige tausend württembergische Soldaten kämpften gemäß der bestehenden Subsidienverträge2 an der Seite Österreichs, frei werdende Regimenter wurden auch an Preußen verliehen oder verkauft. Das Land wurde zum Aufmarsch-, Durchzugs- und teilweise auch Operationsgebiet fremder Truppen. Die österreichisch-ungarische Armee, die sich aus zahlreichen Völkergruppen zusammensetzt, marschiert durch Württemberg an den Rhein, um das Elsaß und Lothringen zurückzugewinnen. Dabei kommen 800 ?Panduren? aus Slawonien ? dem Süden Ungarns ? nach Holzgerlingen. Geführt werden sie von Franz Freiherr von der Trenck, der mit diesen Freiwilligen schon zuvor auf verschiedenen Kriegsschauplätzen Ruhm erlangt hatte.