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692 Ss., 2 Bll.; 1.283 Ss., 2 Bll.; 931 Ss., 2 Bll. Kl.8°. Illustr. Pp. mit blau-schwarzem Rücken- u. Deckeltitel in illustr. Kassette.
Bemerkung:
ERSTE AUSGABE dieser Edition. - Der Herausgeber, der Literatur- und Kulturwissenschaftler Ulrich Gaier (geb. 1935 in Stuttgart), hat sich "im wesentlichen an die Ausgabe letzter Hand und darüber hinaus an die Handschrift H gehalten, selbstverständlich unter Einschluß der notwendigen Korrekturen, die in einem erfreulich kurzen Überblick aufgelistet erscheinen. Der erste Kommentar-Band enthält den Akt-, Szenen- und Zeilenkommentar zum gesamten 'Faust' einschließlich Urfaust, das Fragment von 1790 ... sowie den Paralipomena. ... Zum einen besteht Gaier auf der 'multiple[n] Lesbarkeit der Stellen und Szenen, Figuren und Räume'. 'Multiple Lesbarkeit' bedeutet, daß ein mehrdimensionaler Sinn vorausgesetzt wird, der durchaus divergente Deutungen finden kann. Daher hält Gaier es für notwendig, dem Leser Alternativen zu offerieren, solche, die sich nicht auszuschließen brauchen, sich vielmehr überlagern und ein komplexes Sinngefüge ergeben. ... Zum anderen verfolgt Gaier das Prinzip der Intertextualität. Gefragt wird nicht primär nach Kausalverhältnissen, Einflüssen, die von fremden Texten auf Goethe und seine Textkonstitution ausgehen, sondern nach Beziehungen, intertextuellen Relationen, in denen die Spezifik des Besonderen von Goethes 'Faust' gegenüber den anderen Texten im Mittelpunkt des Interesses steht. Gaier gelingt es in überzeugender Weise, die neopositivistische 'Einfluß'-Philologie in ein System von Wechselverhältnissen zu überführen, in dem der frühere den späteren Text nicht determiniert, in dem vielmehr dem 'Faust'-Text in seiner Beziehung zu anderen Texten seine Eigenheit zuerkannt wird. Die Rede war bislang lediglich vom ersten Kommentarband. Dabei verdient der zweite, in dem es großräumiger um Zusammenhänge geht, möglicherweise noch mehr Bewunderung als der erste. Nach einem Kapitel zur Stoffgeschichte sowie einem weiteren zur Entstehung und zu den Konzeptionen der 'Faust'-Dichtung läßt Gaier acht Kapitel folgen, in denen er unterschiedliche 'Lesarten' des Werks vorführt, und zwar die religiöse, die naturphilosophische, die magische, die geschichtliche, die soziologische, die ökonomische, die anthropologische und zum Schluß die poetische. Vielleicht ist der editionsphilologisch belastete Begriff 'Lesart' nicht unbedingt der glücklichste im Hinblick auf das, was Gaier unternimmt. Er akzentuiert nämlich jeweils unterschiedliche Sinndimensionen des Werks, vermittelt nicht die eine, standpunktabhängige Interpretation, sondern erschließt das komplexe und in sich differente Geflecht jener Beziehungen, um sie am Ende in ihrer Vieldimensionalität als poetisches Konstrukt erfahrbar zu machen. Das abschließende Kapitel zur poetischen Lektüre ist daher nicht nur eines unter anderen, sondern zieht die Summe aus den vorangegangenen, indem es den spezifischen Kunstcharakter von Goethes 'Faust' erkennbar macht. ... Gaier sieht im 'Faust' das 'Projekt Neuzeit' zugleich poetisch versinnlicht wie reflektiert. Er scheint daher der erste Interpret zu sein, der dem Rang und der Bedeutung dieses Werkes wirklich gerecht zu werden vermag. Gaier hat ein Werk vorgelegt, das sich als Summe eines wissenschaftlichen Lebens lesen läßt, das aber selbst so ambitioniert lebendig und 'modern' erscheint wie sein Gegenstand." (Gerhard Pickerodt, literaturkritik.de). - Gestaltung: Brigitte u. Hans Peter Willberg, Einbände u. Schuber unter Verwendung von Goethe-Zeichnungen.