Beschreibung:

Klein-4to (19.5 : 14.5 cm). 1 weißes Bl., 24 (recte 23) num. Bl., bis auf das letzte beidseitig beschrieben. Schwarze und rote Feder auf kräftigem Papier. Leder d. Zt. mit blindgeprägten Deckelfileten (gering berieben u. mit oberflächlichen Wurmfraßstellen, kleiner Ausbruch am Fuß des Rückens).

Bemerkung:

Baßstimme zunächst anonymer Harmonisierungen von je neun Responsorien für Gründonnerstag, Karfreitag u. Ostersamstag. Die Zuweisung an den großen italienischen Komponisten zwischen Renaissance u. Barock (um 1560-1627) erfolgte 1873: Besitzvermerke des österreichisch-böhmischen Organisten u. Musikforschers Johann Evangelist Habert (1833-96) auf dem Vorsatz u. der ersten Textseite. Habert hatte die Handschrift offenbar zur Begutachtung an seinen Freund Pater Sigismund Keller (1803-82) in Kloster Einsiedeln gesandt. Keller hinterließ einen ganzseitigen eigenhändigen Kommentar auf der Vorderseite des ersten weißen Blattes, Einsiedeln 24. X. 1873 datiert u. mit seinen Initialen gezeichnet. In einem handschriftlichen Stimmbuch von 1747 aus der Bibliothek von Kloster Weingarten habe er eine Zuschreibung derselben Responsorien an Orlando di Lasso gefunden. Es bleibe jedoch immer merkwürdig, daß kein Werkkatalog Orlandos sie anführe. Einen Monat später verfaßte Keller einen Brief an Habert, den dieser auf der Rückseite des Blattes eigenhändig zitiert. Keller hatte sich an Julius Joseph Maier gewandt, seit 1857 Konservator der Musiksammlung an der Staatsbibliothek. Dieser führt aus: "Die mir in ihren Anfängen mitgetheilten 4stimmigen Resp. sind nicht von Orl. di Lasso, sondern von Ludovico Viadana. Wir besitzen in einem starken Band sämmtliche Compositionen welche während der Charwoche in der Sixtina aufgeführt werden ... geschrieben von Friedrich Maria Closs, einem bairischen Geistlichen, welcher Ende der 20Jahre im Collegium Romanum in Rom studierte ... Darin finden sich nun die 3 in ihren Anfängen mir mitgetheilten Resp. auf fol. 39. 101. u. 167 (wie überhaupt sämtliche Charwochen Resp.) als von L. Viadana. ... Nicht so glücklich, wie bei den Resp. war ich bei dem mitgetheilten Benedictus Dominus Deus Israel welches wahrscheinlich auch von Viadana ist." - Schwache Fingerspuren, Heftung angebrochen, sonst frisch.