Beschreibung:

368 S. : Ill. ; 21 cm. Originalbroschur.

Bemerkung:

Neues Exemplar - Der in der Nachkriegsrezeption der Geschichte der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft gepflegte Mythos von der Rettung der Psychoanalyse ist inzwischen ad absurdum geführt worden. Die Publikationen der letzten Jahre haben es unmöglich gemacht, die Augen davor zu verschließen, daß fast zwei Drittel der Mitglieder austreten mußten, um die Gesellschaft "zu retten". Aber auch der Mythos von der Vernichtung der Psychoanalyse hatte seine Funktion. Er diente als depressive Unterwerfungsgeste gegenüber dem internationalen Publikum, das 1949 in Zürich auf dem ersten internationalen psychoanalytischen Kongreß nach dem Krieg höchst skeptisch die Hybris der deutschen Vertreter verfolgte. Es geht hier nicht darum, Mythen zu brandmarken, um sie dann zu "entlarven". Mythen haben ihren legitimen Stellenwert in Entwicklungsphasen von Gruppen, die sich zu schwach fühlen, andere Verarbeitungsmöglichkeiten gelten zu lassen. Die Zeit scheint inzwischen reif zu sein, danach zu fragen, welche Gravuren der Nationalsozialismus in der Geschichte der Psychoanalyse nach dem Krieg hinterlassen hat. Korrumpiert durch die verführerischen Angebote der Nationalsozialisten nahm die Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft (DFG) eine Entwicklung, die nicht in Einklang mit der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) zu bringen war. Um kurzfristig kleine Vorteile zu gewinnen, wurden den Nationalsozialisten schwerwiegende Konzessionen gemacht - aber auch sie bewahrten die DPG nicht vor ihrer erzwungenen Auflösung und dem Austritt aus der IPV. -- Inhalt: Zur Einführung in die Thematik. "Let the documents speak!" -- Zu den einzelnen Kapiteln -- 1. Die Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft (DPG) zwischen internationaler psychoanalytischer Öffentlichkeit und national sozialistischer Politik -- Die Internationale Psychoanalytische Vereinigung als Gemeinschaft von Gleichgesinnten -- Spannungen zwischen DPG und Internationaler Psychoanalytischer Vereinigung (IPV) nach 1933 -- Nationalsozialistische Vorstandsumbildung der DPG -- Ausschluß der "jüdischen" Mitglieder und nachdrückliche Distanzierung von der kommunistischen Opposition -- Zusammenschluß mit anderen therapeutischen Richtungen -- Gestaltung der Beziehung zur IPV nach staatlichen Vorschriften -- Von der Auflösung der DPG zur Etablierung des "Deutschen Instituts" -- Der mißlungene Versuch der "Verdeutschung" der Wiener psychoanalytischen Einrichtungen und die Auflösung der DPG -- Etablierung des Instituts für Psychologische Forschung und Psychotherapie als Reichsinstitut und sein Ende -- 2. Körperliche und seelische Folgen der NS-Zeit und des Krieges -- Folgen für die Bevölkerung im allgemeinen -- Hunger -- Vergewaltigung und Schwangerschaftsabbrüche -- Verwahrlosung und Suizidalität -- Die seelische Verfassung der Kriegsgefangenen -- Depression in der Nachkriegszeit -- Ansprechpartner für die Hilfebedürftigen -- Folgen für die Psychoanalytiker -- 3. Psychoanalytische Zentren in Deutschland nach 1945 -- Berlin: Neoanalyse und "Orthodoxie" -- Die Neugründung der DPG -- Berliner Zeitschriftenprojekte -- Die Jungianer -- Heidelberg/Stuttgart: Psychoanalyse unabhängig von der DPG -- Alexander Mitscherlich und Viktor von Weizsäcker -- Alexander Mitscherlich und Felix Schottlaender -- Die Psyche -- Psychoanalyse an der Universität -- 4. Erste Kontakte von Psychoanalytikern nach dem Krieg -- ... daß wir den Anschluß an das Weltbürgertum verpaßt haben -- John Rickmans Urteil über führende DPG-Mitglieder -- Alexander Mitscherlich und Felix Schottlaenders Verbindungen zur internationalen psychoanalytischen und nichtpsychoanalytischen Öffentlichkeit -- 5. Der 16. Kongreß der International Psychoanalytical Association (IPA) in Zürich -- Im Vorfeld des Züricher Kongresses -- Die Vorträge der Exponenten der DPG -- Schultz-Henckes Vortrag "Zur Entwicklung und Zukunft der psychoanalytischen Begriffswelt" -- Müller-Braunschweigs Vortrag über "Die Neoanalyse Schultz-Henckes von der Psychoanalyse aus gesehen" -- Internationale Reaktionen -- 6. Auswirkungen der internationalen Begegnung auf die Psychoanalyseentwicklung in Deutschland -- Auswirkungen auf die Entwicklung in Berlin -- Von der persönlichen Konfrontation zwischen Müller-Braunschweig und Schultz-Hencke zur Fragmentierung der Gruppe -- Schultz-Henckes Professur an der Humboldt-Universität -- Die Gründung der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV) -- Löschung der provisorischen Mitgliedschaft der DPG -- Kritik an Schultz-Hencke und sein frühes Ende -- Die verfeindeten psychoanalytischen Gruppen DPG und DPV -- Auswirkungen auf die Entwicklung im Heidelberger Zentrum -- Das Ende der Freundschaft zwischen Alexander Mitscherlich und Felix Schottlaender -- Müller-Braunschweigs Kontaktaufnahme zu Mitscherlich -- Psychotherapeutische Berufsorganisationen - "Bazillus o Psychoanalyticus" und seine "Mischinfektionen" -- 7. Die wichtigsten von Psychoanalytikern, Psychotherapeuten und Psychiatern behandelten Themen im Nachkriegsdeutschland (Ost und West) -- Lobotomie, Elektroschocktherapie und Psychosomatik -- Arzt, Psychotherapeut oder Psychoanalytiker - zur Identitätsdebatte -- 8. Die Trümmer betrachten und daraus die Architektur ihres Aufbaus entwerfen -- Anhang: (1) Mitglieder der DPG -- (2) Wissenschaftliche Sitzungen der DPG -- (3) Chronologie der Gründungen und Kongresse -- (4) Protokoll der Ausschußsitzung vom 7. August 1945 -- (5) Teilnehmer am IPA-Kongreß in Zürich, 1949 -- (6) Schultz-Henckes Vortrag auf dem Züricher Kongreß von 1949 -- (7) Heidelberger Denkschrift -- (8) Gespräche mit Zeitzeugen. ISBN 9783837922400