Beschreibung:

515 S. : Ill. Originalleinen mit Schutzumschlag.

Bemerkung:

Sehr gutes Ex. - Literaturverz. - Der nackte Held im alten Griechenland - Der nackte Ritter oder "Ich muosz doch - sêre biten" - Die mittelalterlichen Badstuben - Die mittelalterlichen Wildbäder - Das Bad bei den Römern, frühen Christen, - Juden und Muslims - Das Baden in der Neuzeit - Nacktheit in Japan, Rußland und Skandinavien - Der indiskrete Blick - Der nudistische Blick - Pnvatsphäre und Phantomwände - Die Scham im Bett - Die Sexualität der kleinen Kinder - Der heimliche Ort und der Kackstuhl - Urinieren, Defäkieren und Furzen in der eigenen - und in der fremden Kultur - Die Entblößung vor Dienern, Sklaven und - Ehrlosen - Der Henker und die Hexe - Die Entblößung als Strafe - Das Mittelalter und die Entblößung des Leibes Die Nacktheit der mittelalterlichen Schauspieler - und Huren - Das irdische Paradies - Der Nachweis der Impotenz und die öffentliche Kopulation. - Die heute im wesentlichen anerkannte Theorie der Zivilisation behauptet, daß die Menschen des Mittelalters, aber auch die Angehörigen der sogenannten primitiven Kulturen, im Vergleich zu uns Heutigen ihre Triebe und Affekte wenig gebunden oder geregelt hätten, daß in diesen Gesellschaften der Triebverzicht niedrig, die Mäßigung der Gefühle und Gefühlsäußerungen unerheblich gewesen sei. Im Zuge der zunehmenden Arbeitsteilung sei nun soziale Verflechtung intensiver, die Abhängigkeit voneinander größer geworden, so daß es vorteilhaft wurde, die Affekte hinter die Kulissen des gesellschaftlichen Lebens in einen Privatbereich zu verbannen. Inzwischen seien wir von einem stabilen Panzer aus Vorschriften und Regelungen umgeben, der deshalb kaum spürbar sei, weil wir die Fremdzwänge vorheriger Zeiten in Eigenzwänge verwandelt hätten, so daß sie uns quasi natürlich erscheinen. Aber auch angebliche Lockerungen und Befreiungen seien nur scheinbare Informalisierungen. Solche »Liberalisierungen« seien nämlich nur möglich, weil der hohe Standard von Triebgebundenheit völlig gesichert sei. Hans Peter Duerr führt nun den Nachweis, daß diese Zivilisationstheorie falsch ist, daß sie weder den fremden Völkern noch unserer eigenen Vergangenheit gerecht wird. Er zeigt, daß der Mythos vom Zivilisationsprozeß identisch ist mit der Ideologie, die herangezogen wurde, um den Kolonialismus zu rechtfertigen, insoweit dieser behauptete, es gehe den europäischen Nationen darum, noch unentwickelte, unzivilisierte Menschen, die sich kaum von Kindern unterschieden, zu Zivilisierten, zu Erwachsenen zu machen. Duerr vertritt die These, die soziale Verflechtung und damit die soziale Kontrolle sei in »traditionellen« Gesellschaften wesentlich größer und intensiver als in modernen, und entsprechend sei auch das Bedürfnis nach Intimität, nach einer Privatsphäre, größer. ISBN 351802292X