Beschreibung:

199 S. : überwiegend Ill., Originalleinen mit Schutzumschlag.

Bemerkung:

Nur der Schutzumschlag etwas wellig, sonst sehr gutes und sauberes Ex. - Literaturverz. - VORBEMERKUNG -- EINLEITUNG -- PUPPENSTUBE UND PUPPENKÜCHE ALS GRUNDFORMEN -- Probleme und Methoden der Datierung -- DIE PUPPENHÄUSER - -- VOM BAROCK BIS ZUM BIEDERMEIER -- Die Nürnberger Puppenhäuser - -- der barocke Hausstand, musterhaft und wohlhabend -- Die holländischen Puppenhäuser - -- kostbare und erlesene Sammlungsgegenstände -- Puppenhäuser im 18. Jahrhundert -zierlich und formenreich -- DIE PUPPENSTUBE - -- ENTWICKLUNG EINES SPIELZEUGES -- Die Rauchfangküche -der erste eigenständige Spielraum -- Die Biedermeier-Puppenstube -gediegene Bescheidenheit Vom Spätbiedermeier zum Neurokoko - neue Liebe zum Schnörkel -- Die Gründerzeit -Vielfalt und Üppigkeit -- "Meine Küche ist mein Stolz" -die Spielküche der Gründerzeit -- Jugendstil -Dominanz der Linie -- Auf dem Wege zur Zweckmäßigkeit - die Werkbundzeit -- Bauhausstil und Wohnen um 1920 -ein Gegensatz? -- Von 1930 bis 1950 - Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit -- Puppenstuben-Sonderformen, Einzelnes und Ergänzendes -- Schlußbemerkung -- EXKURS: -- DIE PUPPE FÜR DIE PUPPENSTUBE. -- KATALOG -- DER PUPPENSTUBEN UND PUPPENKÜCHEN -- ANHANG -- Anmerkungen Literatur -- Bildnachweis Register. - Seit etwa fünfundzwanzig Jahren hat sich das Interesse von Sammlern und Forschern verstärkt einem Spezialgebiet der Kunstgeschichte zugewendet, das zwar in einem Aspekt Teil des großen Gebietes des Kunstgewerbes und der Volkskunst ist, in seiner Vielschichtigkeit aber in die Bereiche Zeit- und Kulturgeschichte gehört - den Puppenbehausungen, vom Puppenhaus bis zur Puppenstube und der dazugehörigen Küche. Dabei ist es nun besonders auch die Puppenstube, der Zuwendung und Erforschung zuteil wird; die großen und kunstvollen Puppenhäuser der vergangenen Jahrhunderte, die längst Museumsgut waren und schon immer wissenschaftlich betreut wurden, blieben nach wie vor bewunderte Spitzenerzeugnisse der Kleinkunst. Ihre reduzierte FoTm, die Puppenstube, die in bestimmten Fällen auch wieder zum Puppenhaus wachsen kann, hat sich in schier unendlicher Vielfalt erhalten und bietet den verschiedensten Interessen Raum. Es ist zu beobachten, daß sich die Puppenstube seit ihrem häufigeren Vorkommen vom Beginn des 19. Jahrhunderts an als getreuer Spiegel der wechselnden Stilperioden darstellt, als dreidimensionales Abbild menschlichen Geschmackswandels und sich verändernder Lebensbedürfnisse. Sie erzielte in den Gründerjahren mit der aufblühenden Industrie ihre reichste Phase, die bis in den Jugendstil anhält, bleibt beliebt in den zwanziger Jahren bis zum zweiten Weltkrieg, um dann nach 1945 als eigene Zeitschöpfung nur noch in minderer Qualität zu erscheinen. Eine Wiederbelebung ergab sich zwangsläufig aus dem erneuten Interesse am historischen Sammlerstück, sie führte überwiegend zu nostalgischen Nachgestaltungen. Daß sich nun gerade von einem bestimmten Spielzeug, nämlich der Puppenstube und der Puppenküche, so auffallend viele Belegstücke erhalten haben, ist ein besonderes Phänomen und läßt sich aus dem Kreis der Besitzer ableiten: Die Puppenstuben gehörten kleinen Mädchen und wurden von den erwachsenen Frauen liebevoll aufbewahrt. Erst wenn sich herausstellte, daß Kinder und Enkel nicht damit spielen wollten, gelangten diese Kindheitsreliquien in Museen und Sammlungen. Dabei ist zu bedenken, daß die erzieherische Absicht, die von Anfang an diesen verkleinerten Wiedergaben der menschlichen Haushaltung innewohnte, den Erzogenen meist nicht bewußt war, und wenn ja, sie nicht belastete. Das Erziehungsmittel wurde zunächst zum reinen Spielvergnügen: Das kleine Mädchen konnte nicht nur seinem Nachahmungstrieb nachgeben und die Mutter imitieren, ihm waren auch selbständige Handlungen erlaubt, es hatte im eigenen Haushalt Entscheidungsfreiheit und Puppenkinder, an die es seine Erfahrungen im Erzogen-Werden weitergeben konnte. Die Puppenstube verhalf dem Kind auch zu einem gewissen Besitzstand, den es seiner Größe angemessen fand und den es bewältigen konnte, und im wahrsten Wortsinn »spielerisch« »begriff« das Kind sein soziales Umfeld. Spielend lernte es die Verschiedenheit von Formen und Materialien kennen, erprobte Einzel- und Raumfunktionen und hatte Gelegenheit, seine persönliche Geschicklichkeit bereichernd einzusetzen, indem es die ebenfalls erzieherisch gemeinte Ausbildung in Handarbeiten nutzte, die Puppenwohnung besser auszustatten. Das Gleiche gilt für das Kochen in der Küche, obwohl hier oft das »So-tun-als-ob«, das Scheinwirtschaften mit Ersatzmaterialien, stattfand. Diese Zeit des hingebungsvollen Spielens ist demzufolge eine ganz wesentliche Phase der Selbstverwirklichung und deshalb ein unverzichtbarer Erinnerungsfaktor. An den Wohnzimmermöbelchen und Küchengerätschaften hängt zärtliches Gedenken, das durch die Wiederberührung oder auch nur durch das Wiedersehen in der Sammlungsvitrine oder auf dem Farbfoto lebendig wird. Es löst Assoziationen aus, die Geborgenheit, Sorglosigkeit, Glück, eine heile Welt signalisieren; die Erinnerung liefert ein verklärtes Sinnbild der eigenen Vergangenheit, das man nicht missen möchte. (Einleitung) ISBN 3361003318