Beschreibung:

LXVII; 179 S., Originalleinen, gebundene Ausgabe

Bemerkung:

Ein gutes Ex. - Philosophische Studientexte. - Das Hauptwerk des Copernicus ist von großer wissenschaftlicher und weltanschaulicher Bedeutung. Es bezeichnet einen Wendepunkt im Kampf von Wissen und Glauben, indem die Auffassung von der gottgegebenen Mittelpunktstellung der Erde mit all ihren religiösen und philosophischen Konsequenzen widerlegt wird und an die Stelle des durch sinnlichen Schein und durch theologische Dogmen inspirierten Geozentrismus die objektive Wahrheit tritt, daß die Sonne im Mittelpunkt unseres Planetensystems steht. Die Kenntnis der philosophischen Grundlagen und Grundzüge der coper-nicanischen Lehre aus erster Quelle wird dazu beitragen, die relativistischen und positi-vistischen Entstellungen des copernicanischen Weltbildes erkennen zu helfen. Der deutschen Übersetzung ist das lateinische Original in synoptischer Anordnung beigefügt. Copernicus Vorrede an Papst Paul III. zu diesem Werk wurde dem Text vorangestellt. Beides ist mit einem umfangreichen Anmerkungsapparat versehen. Die Beschränkung auf das erste Buch ergab sich aus dem Zweck, dem philosophisch und kulturgeschichtlich interessierten Leser einen Überblick über das copernicanische System zu geben und ihm die besonders im ersten Buch konzentrierten philosophisch bedeutsamen Stellen zugänglich zu machen. - Kurz vor seinem Tode im Jahre 1543 folgte dann in Nürnberg die Veröffentlichung des Papst Paul III. gewidmeten Hauptwerkes De Revolutionibus Orbium Coelestium (?Von den Umdrehungen der Himmelskörper?). In dessen berühmtesten Absatz heißt es im Band I, Kapitel X: Die erste und oberste von allen Sphären ist die der Fixsterne, die sich selbst und alles andere enthält (?). Es folgt als erster Planet Saturn, der in dreißig Jahren seinen Umlauf vollendet. Hierauf Jupiter mit seinem zwölfjährigen Umlauf. Dann Mars, der in zwei Jahren seine Bahn durchläuft. Den vierten Platz in der Reihe nimmt der jährliche Kreislauf ein, in dem, wie wir gesagt haben, die Erde mit der Mondbahn als Enzykel enthalten ist. An fünfter Stelle kreist Venus in neun Monaten. Die sechste Stelle schließlich nimmt Merkur ein, der in einem Zeitraum von achtzig Tagen seinen Umlauf vollendet. In der Mitte von allen aber hat die Sonne ihren Sitz. Denn wer möchte sie in diesem herrlichen Tempel als Leuchte an einen anderen oder gar besseren Ort stellen als dorthin, von wo aus sie das Ganze zugleich beleuchten kann? Nennen doch einige sie ganz passend die Leuchte der Welt, andere den Weltengeist, wieder andere ihren Lenker, Trismegistos nennt sie den sichtbaren Gott, die Elektra des Sophokles den Allessehenden. So lenkt die Sonne gleichsam auf königlichem Thron sitzend, in der Tat die sie umkreisende Familie der Gestirne. Auch wird die Erde keineswegs der Dienste des Mondes beraubt, sondern der Mond hat (...) mit der Erde die nächste Verwandtschaft. Indessen empfängt die Erde von der Sonne und wird mit jährlicher Frucht gesegnet. Kopernikus war nicht der erste Wissenschaftler an der Wende zur Neuzeit, der ein heliozentrisches System in Betracht zog. Vor ihm wurde dieser Gedanke schon von Nikolaus von Kues, dem allerdings die Mittel für eine mathematische Ausarbeitung fehlten, und von Regiomontanus diskutiert, dessen früher Tod seinem Werk ein vorzeitiges Ende setzte. Es wird als gesichert angesehen, dass Kopernikus auf den Werken dieser beiden Wissenschaftler aufbaute. Entgegen einer landläufigen Ansicht wurde die Propagierung des heliozentrischen Weltbildes zu Kopernikus' Zeiten keineswegs als Ketzerei angesehen, sondern allenfalls als Hirngespinst eines verwirrten Geistes. Immerhin schien ja das geozentrische System wesentlich besser mit dem gesunden Menschenverstand übereinzustimmen als eine sich bewegende Erde: Bei der Bewegung müsste man doch einen ?Fahrtwind? spüren, fallende Gegenstände eine schräge Bahn besitzen, auch sollten die Fixsterne im Jahresverlauf eine scheinbare Kreisbewegung ausführen, argumentierten die Gegner des Kopernikus mit der Lehre des Ptolemäus. Theologische Spitzfindigkeiten, die sich auf Bibelstellen stützten, wurden zunächst von Martin Luther angeführt. Er äußerte seine Meinung über Kopernikus nach der Aufzeichnung von Studenten sinngemäß wie folgt: ?Der Narr will mir die ganze Kunst Astronomia umkehren! Aber wie die Heilige Schrift zeigt, hieß Josua die Sonne still stehen und nicht die Erde!? Die Katholische Kirche, der Kopernikus angehörte, hielt sich mit einer Stellungnahme zurück. Eine Verfolgung durch die Inquisition hatte Kopernikus also ? anders als Galileo Galilei einige Jahrzehnte später ? nicht zu befürchten, da seine Theorie lediglich als mathematische Hilfskonstruktion zur einfacheren Berechnung der Planetenbahnen angesehen wurde. So waren die preußischen Tafeln leichter zu berechnen als die alfonsinischen Tafeln, obwohl beide zum gleichen Ergebnis führten. Kopernikus konnte die (scheinbaren) physikalischen Widersprüche nur durch neue Hypothesen entkräften, auch war sein Rechenmodell im Grunde nicht genauer als das des Ptolemäus, lieferte aber wegen aktuellerer Ausgangsdaten bessere Ergebnisse.