Beschreibung:

1 Blatt (zweifarbiger Titel); 34 Seiten (Testament); 3 Blätter (Zwischentitel "I. Theil" und "Vorrede); 67 Seiten; 566 Seiten ("II. Theil". Paginierungsfehler ab Seite 260, 20 Seiten werden übersprungen. S.566 wäre somit korrekt gezählt S. 546); 4 Blätter (Zwischentitel "III. Theil", "Vorrede"); Seite 567 (wäre korrekt paginiert S. 547) - Seite 666 (recte: S. 646!); 13 Blätter (Index). Mit blindgeprägten Linien und Eckfleurons verzierter Pergamentband der Zeit mit seitlich überstehenden Schutzkanten. Da die Gelenke gebrochen sind, wurde er später mit über den Rücken und die Gelenke gezogenem Schmuckpapier "restauriert". Die ehemals vorhandenen Schließbänder fehlen. Insgesamt berieben, bestoßen, mit Fehlstellen und Wurmspuren. Ein handschriftliches Titelschild auf dem Rücken ist nahezu unleserlich. (32,8 x 21 cm) 4°.

Bemerkung:

VD17 547:629730Y. Sehr zerschlissener Pergamentband der Zeit, der später teilweise mit Schmuckpapier überzogen wurde. Bindung defekt, beide Gelenke gebrochen, das fliegende vordere Vorsatzblatt fehlt, das letzte weiße gelöst. Auf dem Innendeckel finden sich ältere Inventarisierungsnummern. Mit Einrissen, vereinzelte Wurm- und Wasserspuren. Innen teils angeschmutzt, ältere Unterstreichungen und Randeinrisse, Wasserspuren im seitlichen Schnitt. Das Titelblatt fast zur Gänze gelöst. Trotz des verwendeten, nicht eben besten Papiers innen durchgehend recht gut erhalten. Der oben beschriebene Paginierungsfehler um immerhin zwanzig überzählige Seiten ist übrigens keinem der geschätzten Bibliothekare aufgefallen, die den Druck beschrieben haben! In dem der "Vorrede" des Verfassers vorgebundenen lobenden Text "An den christlichen Leser", der mit Datum vom 16. Juni 1623 von "Decanus, Senior, und andere Doctores der Theologischen Facultet doselbsten [Leipzig]" unterzeichnet wurde, wird dem vorliegenden Buch Hildebrands von Einsiedeln (der Ältere; * 1566 - + 1647) von höchster protestantischer Stelle das von ihm selbst "Censur" genannte und eingeforderte lutherische "Imprimatur" erteilt. Verfasser desselben war wahrscheinlich Heinrich Höpfner (1582 - 1642) als amtierender Theologieprofessor und vorjähriger Dekan der Universität. Diese mehrhundertseitige, "Testament" genannte, eine fast schon doktrinär-fanatisch zu nennende Verpflichtung der eigenen Kinder, Kindeskinder und deren Nachkommen zu ihrem eigenen Seelenheil ein ehrbares, genügsames und gottesfürchtiges, auf den Tod hin orientiertes Leben als lutherische Christen zu führen, erhält durch die vorliegenden Quellen zum Familienleben und der Geschichte dieses Adelsgeschlechts einen spannenden Hintergrund. Hildebrand von Einsiedel d.Ä., einer der wichtigsten und reichsten Adeligen des Kurfürstentums, hatte nicht an allen seinen Kindern Freude, denn es gab einen mißratenen Sohn (Hildebrand von Einsiedel der Jüngere; 1598 - 1653), der spiel- und streitsüchtig war, Schulden machte, und auf Betreiben des eigenen Vaters, wegen dessen "liederlichen Lebenswandels" jahrelang vom Kurfürsten in Festungshaft gehalten wurde und letztlich aus der Immobilien-Erbfolge ausgeschlossen und "nur" mit Bargeld abgefunden werden sollte. Es gab auch schon früh Konflikte darum, daß er sich nicht nur der vorgesehenen universitären Ausbildung, sondern auch dem religiösen Diktat des Patriarchen verweigerte und stattdessen eine miltärische Karriere verfolgte. Die aktenmäßigen Quellen finden sich hierzu in den Archiven. Einen der vielen Nachfahren führte es als Offizier und Widerstandskämpfer sowohl gegen den Nationalsozialismus als auch die SED-Diktatur nach der Wende für die PDS in den Deutschen Bundestag. Vergl. hierzu auch: Heinker, Christian: Die ‚Bestrickung‘ Hildebrand von Einsiedels. Konfliktregulierung und Rechtsverständnis in einer kursächsischen Adelsfamilie im 17. Jahrhundert. In: NASG 83 (2012), S. 223 - 236. Hier findet man in der Anmerkung 47 ein "funfact": "... Hildebrand von Einsiedel der Jüngere hingegen bemühte sich [gefangen] auf Hohnstein hingegen, seinen Lebenswandel auch in der Haft aufrecht zu erhalten. 47... Der Kurfürst hatte u. a. angeordnet, dass sich der Verhaftete täglich mit vier Kannen [nach heutigen Maßstäben mehr als vier Liter!] Bier begnügen solle, bis seine Gläubiger befriedigt seien; vgl. HStA Dresden, Loc. 7193/7,fol. 9, 6. Juni 1638. Der Amtsschösser berichtete dagegen dem Kurfürsten, dass der Gefangene sechs Kannen Bier am Tag begehret, die er bei Gebrauchung des Tabaks austrinket; vgl. ebd., fol. 13 f ..." Gaya scienza, dem empörten Vater jedoch ein Graus und allem hohnlachend, was er in vorliegender Schrift buchstäblich "predigte"! [Luther; Reformation; Protestantismus; Meißen; Frohburg; Sachsen; Kurfürst] * Auf Wunsch senden wir Ihnen umfangreiche weitere Anmerkungen. *