Beschreibung:

315 Seiten; 19 cm; fadengeh. Orig.-Leinenband.

Bemerkung:

Gutes Ex.; gering 'schiefgelesen'; Einband berieben; leichte Lagerspuren. - Karl Escher (1885?1972), deutscher Journalist (wiki-Kurzeintrag). - Die Geschehnisse, die in diesem Buche erzählt werden sollen, haben sich in den ersten Jahren unseres zwanzigsten Jahrhunderts ereignet. Es ist also ein historischer Roman: die Zeit hat sich schon zwischen die Ereignisse und den heutigen Tag gesenkt, eine luftige, aber undurchdringliche Scheidewand gebildet. Es ist ein jüdischer Roman. Jüdische Menschen sind die Figuren, mit denen hier das Schicksal spielt. Jüdische Menschen: wenn sie sich auch über ihrem ererbten Judentum glauben, so stehen doch an ihren Lebenspfaden Wegweiser mit Aufschriften in den un-verblaßten alten Quadratbuchstaben. (Ewig schade, daß die meisten sie zu spät oder gar nicht entziffern, konnten.) Jüdische Menschen vom Jahre 190., jüdische Menschen, die noch eben mit einem Faden am Judentum hängen. Jüdische Menschen, die da leben, wo sich jüdische Daseinsform und europäische Lebensgestalt mit den Rändern berühren. Es hat den Anschein, als ob diese Menschenart verschwinden soll, darum ist es wohl wichtig, sie in einem schon historischen Roman aufzubewahren. Die Schicksale, die in diesem Buche erzählt werden, sind erfunden ? erfunden auch die Gestalten, die diese Schicksale tragen. ... (Vorwort) // " ... In später nächtlicher Stunde ist der glänzende Saal ein unheimliches Gemäuer. Dunkel ist er und sonderbar. Die Tische sind ihrer weißen Tücher entkleidet, Stühle hocken gespenstisch auf den nackten Tischplatten, alle Viere in die Luft gestreckt. In dem Schimmer der einzigen Lampe, die noch brennt, sieht das alles hier viel größer und höher und weiter aus, als noch wenige Stunden zuvor. Schläfrig und nur halbwach. Die Spiegel an den Wänden geben kein Bild zurück und lassen kaum den Schein der einsamen Lampe widerstrahlen, die abgedämpft unter einem roten Seidenschirm schimmert, auf einem kleinen runden Tisch (ganz hinten neben der hohen weißen Tür). An diesem Tisch bei der einsamen Lampe saß eine Frau und schrieb. Vor ihr lag ein dickes aufgeschlagenes Buch, rings um das Buch schimmerten weiße Zettel in allerlei Größen. Die Frau hatte das gläserne, am Rand etwas angestoßene Tintenfaß mit Hilfe eines dünneren Buches in kühne Gleichgewichtslage gebracht, um das bißchen Tinte besser zu erreichen; es war aber doch zu wenig, immer wieder mußte sie die Feder eintauchen. Die Frau war noch nicht weit über die Vierzig hinaus, dreiund vierzig, vierundvierzig mochte sie wohl sein, höchstens, aber ihre Haare waren schon ergraut. Sie trug sie in der Mitte gescheitelt und hinten zu einem Knoten zusammengenommen, eine strenge Haartracht, eine vornehme Haartracht. Vornehm - ja, das ist das rechte Wort, vornehm sah sie aus, die still schreibend am Tische saß. Nicht jene steife und oberflächliche Schönheit umgab sie und strahlte sie aus, die zurückstoßend und erkältend wirken will, sondern eine natürliche, frauenhafte, mütterliche. Alles an ihr war fein und wohlgefällig; die sanfte Rundung ihrer Wangen, die schmale, ganz zart vorstrebende Nase, die gewellte Linie ihres Mundes, eingefaßt von dünnen, dunkelroten Lippen. ? " (Seite 8/9)