Beschreibung:

40 S. Originalbroschur.

Bemerkung:

Aus dem Vorbesitz des libertären Dokumentaristen Hans-Dieter Heilmann. - Berieben und bestoßen, Randläsuren, Rücken mit Tesafilm beklebt, hs. eigentumsvermerk, wenige Bleistiftanstr., papierbedingt gebräunt. - Aus dem Text: Was heute den Deutschen, der zum Nachdenken befähigt und gestimmt ist, wohl am schwersten bedrückt, ist die Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen, auch nur in der Vorstellung irgendeinen Ausweg aus unserer Lage zu sehen. Wir wandern wie auf einem schmalen Pfade, der so in Dunkel gehüllt liegt, daß wir nicht einmal vom nächsten Schritte vorher wissen, ob er aufwärts oder abwärts, auf festen Boden oder in den Abgrund führt. Wenn wir uns bei der Geschichte, die nach einer optimistischen Auffassung ?Lehrerin des Lebens" sein soll, Rat holen wollen, so erleben wir nur, daß sie uns stumm bleibt. Wir finden nirgends ein Zusammentreffen von Umständen, mit welchen die augenblicklich für Deutschland bestehende äußere und innere Konstellation zu vergleichen wäre, nirgends in ähnlicher Weise zusammengeballte, in sich verfitzte, sich gegenseitig steigernde Schwierigkeiten, deren geschichtlicher Verlauf und schließliche Lösung Schlußfolgerungen zuließe, die für uns brauchbar wären. Trotzdem ist es nur natürlich, daß wir in rückwärts gewendeter Betrachtung die Geschehnisse und Zustände in Deutschland mit denen früherer politischer Epochen innerlich in Beziehung zu setzen versuchen, in der Hoffnung, vielleicht wenigstens etwas, wenn auch nicht für die Beurteilung der Zukunft, so doch für das Verständnis der jüngsten Vergangenheit, der merkwürdigen Ereignisse seit dem Sommer 1918, zu gewinnen. Wenn der Titel dieser Schrift das Verhältnis der deutschen Umwälzung zur französischen Revolution in den Vordergrund stellt, so kommt darin schon zum Ausdruck, daß jede der zahlreichen seit 1789 an verschiedenen Punkten der Erde sich abspielenden Revolutionen und Revolutiönchen in bestimmten geistigen Abhängigkeitsbeziehungen zu diesem Urmodell einer gewaltsamen staatlichen Veränderung stand, ein Urmodell, dessen Originalität und formende Kraft so allgemein anerkannt ist, daß jenes Einzelereignis des Umsturzes der französischen Welt am Ende des XVIII. Jahrhunderts im Sprachgebrauche "die Revolution" schlechthin geworden und geblieben ist. Was wir im Augenblicke über unsere Angelegenheiten, die nur den ersten Abschnitt der deutschen Revolution bedeuten, zu sagen vermögen, ist unter allen Umständen in hohem Maße einer subjektiven Färbung verdächtig und kann in keiner Weise Anspruch auf den Charakter einer geschichtlichen Darstellung machen. Wir sind noch in der Lage eines Kranken, der im gleichen Zeitpunkte Objekt und Subjekt des Erlebens ist, und der erst einige Zeit nach seiner Genesung die zur Sachlichkeit nötige Entfernung von den Krankheitsvorgängen erreicht. Ist doch jetzt noch eine objektive, von heutigen Parteiauffassungen unbeeinflußte Darstellung weder für die französische Revolution, noch selbst für die religiös-politische Revolution des XVI. Jahrhunderts, die Reformation, möglich. Was sich auf diesen Blättern besten Falles finder" mag, wird einiges Material für den Geschichtsschreiber der Zukunft sein, für den es vielleicht wissenschaftliches Interesse haben kann, zu erfahren, wie sich heutige Ereignisse in dem Kopfe eines psychologisch eingestellten Zeitgenossen abgespiegelt haben. Unsere Darstellung wird sich bemühen, diejenige kühle Sachlichkeit festzuhalten, mit der ein Arzt die Symptome des vor ihm liegenden Falles aufzeichnet, unabhängig davon, ob er ihm persönlich gefällt oder nicht. - Wikipedia: Alfred Erich Hoche (* 1. August 1865 in Wildenhain; ? 16. Mai 1943 in Baden-Baden) war ein deutscher Psychiater sowie Neuroanatom und Neuropathologe. Er profilierte sich als Kritiker Emil Kraepelins und Sigmund Freuds. Vor allem aber ist er als Mitverfasser der Schrift über Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens (1920) bekannt, durch die er als einer der Wegbereiter der Krankenmorde in der Zeit des Nationalsozialismus gilt.