Beschreibung:

167 S.; zahlr. s/w-Fotografien; 29,5 cm; kart.

Bemerkung:

Gutes Exemplar; der illustr. Einband berieben u. etwas nachgedunkelt. - Sehr viele Fotografien. - Mit Beilage. - Michael Ruetz (* 4. April 1940 in Berlin) arbeitet als Künstler und Autor. Als Fotograf ist er international anerkannt. Nach seiner Schulzeit in Bremen studierte Michael Ruetz in Freiburg, München und Berlin Sinologie als Hauptfach (bei den Professoren Franke, Bauer, Mohr und Hoffmann) sowie Japanologie und Publizistik. Er nahm an den Sinologie-Kongressen in Bordeaux, Kopenhagen und Leeds teil. Als Augenzeuge des russischen Einmarsches in der Tschechoslowakei und Prag anlässlich des für den 25. August 1969 geplanten und dann abgesagten Sinologie-Kongresses entschloss sich Ruetz, die Arbeit an der Dissertation über den Roman Nieh-Hai Hua (1905) von Tseng-P'u zu beenden. Dieser Beschluss ging einher mit dem Beginn einer journalistischen Karriere die bis in die 1970er-Jahre dauerte. Von 1969 bis 1973 war er Mitglied der Stern-Redaktion in Hamburg als Fotoreporter. Erste Ausstellungen seiner Arbeiten erfolgten in Berlin 1970 und Wien 1973 sowie 1972 Mitarbeit an der Documenta V. Ab 1974 übernahm er keinerlei Auftragsarbeit mehr, sondern realisierte ausschließlich Buchproduktionen aufgrund eigener Ideen und Vorschläge. Das erste Buch, Auf Goethes Spuren, war ein großer Erfolg in sehr hoher Auflage. Michael Ruetz legte 1976 das externe Examen bei Otto Steinert und Willy Fleckhaus an der Folkwangschule Essen ab. ? (wiki) // Dieses Buch soll keine Kritik, sondern eine Chronik der APO sein. Ich möchte mich daher auf einen Bericht über meine Arbeit und ihre photographischen Aspekte beschränken, und mich weiter ausschweigen über die Fragen, die ich damals kaum beantworten konnte, heute vielleicht beantworten kann. So zum Beispiel: warum die Massen sich uns nicht anschlössen, obwohl wir doch "massenhaft" demonstrierten (Wortspiele hält man ja manchmal für Einsichten). So zum Beispiel: ob die Studenten, die Mitte der Sechziger Jahre "Heraus aus dem Elfenbeinturm" zur Parole gemacht hatten (ich, indem ich mich exmatrikulieren ließ, mit ihnen), die alten Elfenbeintürme nicht nur stehen ließen, sondern sich sogar neue gebaut haben. So zum Beispiel: ob die APO nicht vielleicht doch im wesentlichen ein Aufstand einer privilegierten Minderheit war, oder doch dazu durch die Trittbrettfahrer gemacht wurde. Immerhin: die APO-Generation von 1966 bis 1969 hat wichtige Teile ihrer Revolte selbst gemacht und sie nicht nur gefordert und delegiert. Eine der Wirkungen der APO-Generation - die sich ja auch auf ältere Generationen erstreckten - beruht sicher darauf, daß sie sich Freiheiten herausnahm, die sich die Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegs-Generationen bestenfalls als Traum gestattet hatten. Um zu einem genauen Bild der APO zu gelangen, bedürfte es noch anderer Einsichten wie der in den Nachlaß von Bernward Vesper. Vielleicht wäre dann eine Erkenntnis ihrer politischen Psychologie und ihrer Kontinuität innerhalb der deutschen Geschichte möglich. Zu allem ist es noch zu früh: 35 Jahre Abstand zum Dritten Reich haben ja auch nicht gereicht, vollständige Kenntnis und Erkenntnis zu erreichen. Da steht uns noch vieles bevor. Dieses Buch kann also nur einen kleinen Beitrag zur Geschichte der APO leisten, und ist am besten als Grundlage (späterer) forschender Auswertung zu benützen. Vielleicht also ein verfrühter Rückblick. Aber die Ereignisse des vorletzten Jahrzehnts liegen wegen der Schnellebigkeit der Zeit und des mit ihr untrennbar verbundenen Mediums Photographie schon sehr weit zurück, generationenweit. So weit jedenfalls, daß man diesen Rückblick wagen kann, ohne sich selbst unterstellen zu müssen, man schriebe voreilig die Geschichte von Ereignissen, die noch nicht Geschichte sind oder nur geringe Aussicht haben Geschichte zu werden - oder man tue dies. bevor man selbst ausreichend Geschichte hat. Zwar kann man die gerade abgelaufenen Ereignisse durch eben ihre Beschreibung zu Geschichte zu machen versuchen: die Medien-Gegenwart versucht es ja stets. Aber in der Regel bedeutet das lediglich, daß der Moment, in dem die Ereignisse vergessen werden müssen, nur ein wenig hinausgeschoben wird. Ob die Distanz zur APO inzwischen groß genug ist, brauche ich nicht zu entscheiden. Für ein Jubel- und Erinnerungs-Album wäre sie immer zu klein, für eine Chronik ist sie sicher groß genug. Für mich selbst reicht die Distanz aus, mich wieder dieser lange abgelegten mehrjährigen Reportage zu nähern, und einen Blick auf die Ereignisse und meine eigene Arbeit zu wagen. Das Charakteristikum dieser Arbeit ist nämlich das Fehlen von Distanz meinerseits. Ich war innerlich mehr Teilnehmer der APO-Ereignisse als berichtender Journalist und Photograph - auch wenn ich äußerlich, aus wohlerwogenen Rücksichten, mich an diese Rolle hielt. Die Fronten waren für mich unverwischt, mit bisher ungekannter Deutlichkeit erkennbar und die Wahl der Seite war keine Frage. In dieser Klärung bestand eine der großen Leistungen der APO für mich selbst. Dieses Buch enthält die ersten Photographien, die ich je gemacht habe. Es beginnt mit Aufnahmen vom 5. Februar 1966 auf dem 70. Film meines (durchgehend numerierten) Archivs. ? (Seite 3)