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S. 1614 - 1844. Gr.4°, Priv. Ln. Die satirisch-humoristische Zeitschrift 'Der wahre Jacob' gehörte seit seiner Herausgabe 1879 zur meistgelesenen Unterhaltungslektüre in Arbeiterhaushalten. Die Gründung des Blatts fiel in die Anfangszeit der wilhelminischen 'Sozialistengesetze'. Wilhelm Blos (1849 ? 1927) fand mit dem Verleger der Tageszeitung 'Hamburg-Altonaer Volksblatt' Johann H. W. Dietz (1843 ? 1922) ein Schlupfloch, um die flächendeckende Zensur der sozialdemokratischen Presse zu umgehen. Der 'Wahre Jacob' geriet aufgrund seiner betont gemäßigten Tonart nicht sofort ins Visier der argwöhnischen Zensoren. Die erste Ausgabe erschien im November 1879 und Blos fungierte als verantwortlicher Redakteur. Mit zahlreichen Karikaturen, spöttischen Gedichten, Prosastücken und feuilletonistischen Notizen war das Blatt Ausdruck einer 'künstlerischen Opposition'. Neben dem monarchistischen Dünkel stand die Klintelpolitik der Nationalliberalen für großbürgerliche Industrielle im Zentrum von Hohn und Spott. Der Reichskanzler Otto von Bismarck war dabei die bevorzugte Zielscheibe eines satirisch verpackten Sarkasmus. Zunächst konnten nur zwölf Ausgaben gedruckt und vertrieben werden. Nach der Verhängung des Kleinen Belagerungszustandes Ende Oktober 1880 wurden Blos, Dietz und andere Sozialdemokraten von den Reichsbehörden aus Hamburg und Preußen ausgewiesen. Die Blattmacher mussten vorerst aufgeben. Ab 1884 konnte 'Der wahre Jacob' im Inland im Stuttgarter Verlag von Dietz neu herausgegeben werden. Die Diktion war weiterhin sozialreformerisch, während andere sozialdemokratische Periodika aufgrund von Verbot und Zensur im Ausland gedruckt und klandestin über die Grenze geschafft werden mussten. Die Redaktion des Heftes positionierte sich im Ersten Weltkrieg an der Seite der Mehrheit der SPD-Reichstagsfraktion, in dem sie die Burgfriedenspolitik unterstützte. Nicht das Kriegsgeschehen und die damit verbundene akute Papierknappheit zwang das Witzblatt in die Knie, sondern die Hyper-Inflation von 1923. Im Oktober des Jahres verabschiedete sich die Redaktion von ihrem Publikum. Bereits im Januar 1924 konnte auf Veranlassung des SPD-Parteivorstands mit 'Lachen links' eine Ersatzzeitschrift herausgegeben werden, die nahtlos an die Tradition des Vorgängers anknüpfte. Im Juni 1927 stellte 'Lachen links' sein Erscheinen ein, und der 'Wahre Jacob' trat wieder an seine Stelle. Die Redaktionsleitung übernahm Friedrich Wendel, der zuvor bereits 'Lachen links'-Redakteur war. Wendel gehörte 1920 zu den Mitgründern der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands (KAPD), die einen strikten antiparlamentarischen Kurs vertrat. Nach 1927 prägten vor allem Karl Holtz (1899 ? 1978) und Willibald Krain (1886 ? 1945) mit ihren Illustrationen das Blatt. In der Spätphase der Weimarer Republik mit ihren Präsidialdiktaturen geriet neben dem aufkommenden Faschismus der 'Bolschewismus' unter Beschuß. Die Bildpolitik im ?Wahren Jacob? war eindeutig und eine Kampfansage: Sowjetstern und Hakenkreuz stünden sich nicht feindlich gegenüber, sondern marschierten als Zerstörer von Republik und Demokratie im Gleichschritt. Der 'Wahre Jacob' war, von dem Zentralorgan 'Vorwärts' abgesehen, die auflagenstärkste sozialdemokratische Publikation sowohl im Wilhelminismus als auch in der Weimarer Republik. Die Auflage erreichte bis zu 350.000 Exemplaren und lag damit vor dem linksbürgerlichen 'Simplicissimus' oder dem KPD nahen 'Eulenspiegel'. Der Verbreitungsgrad satirischer Blätter war im Gegensatz zu Parteijournalen deutlich höher. Die Waffe der Kritik der Theorieorgane konnte die Kritik der Satire in den populären Massengazetten nicht ersetzen. - Einband gedunkelt und fleckig, Einzelne Seiten mit Einrissen, sonst guter Zustand.