Beschreibung:

unpaginiert, Abb. kart.

Bemerkung:

Sehr guter Zustand - Inhalt: 1896 ?Die Tauentzienstraße setzte sich lange erfolgreich gegen die Rivalität des Kurfürstendamms durch. Sie übertraf ihn an Geschäftigkeit und an Glanz der an den Dächern aufblitzenden Leuchtschriften. Die Fassaden waren von unten bis oben ganz von Licht überflammt und sahen aus wie transparent. In fast allen Stockwerken gab es Geschäfte und Büros, Handels- und Arbeitsstätten.? - 1897 - 1908 kommt die Tochter Elisabeth Ruth Hildegard von Paul Mühsam und seiner Frau Johanna Elisabeth, geb. Hoffmann, zur Welt. In den Unterlagen ist Chemnitz als Geburtsort vermerkt. Ein Jahr später zieht die Familie selbst in die Marburger Straße ein. Im Haus sind ein Dutzend Bewohner gemeldet, darunter ein Arzt, ein Blumenhändler und ein Friseur. Alle Mieter haben Telefon - 20er Jahre Diese Entwicklung Charlottenburgs erlebt Paul Mühsam jedoch nicht mehr. Er stirbt am 20. November 1922. Das Haus in der Marburger Straße erbt laut Testament seine Ehefrau Johanna Elisabeth »Else« Mühsam. In seinem Testament verfügt Paul Mühsam, dass sein Eigentum auf seine Tochter Hildegard Mühsam übergeht, wenn ?1) die Witwe Else Mühsam stirbt oder 2) heiratet.? -- In diesem Fall erbt die Tochter die eine Hälfte sofort und die andere Hälfte nach dem Tod der Mutter. Else Mühsam heiratet nicht wieder, überschreibt die Marburger Straße offenbar aber ihrer Tochter Hildegard, denn am 16. Januar 1928 bestätigt das Grundbuchamt die Übertragung des Hauses an ihre Tochter. In den Berliner Adressbüchern ist als Eigentümerin jedoch nach wie vor Else Mühsam eingetragen. Auch die Abwicklung der praktischen Angelegenheiten bleibt in der Hand der Witwe. Im Juni 1925 wird das Dachgeschoss in der Marburger Straße zu einem Maleratelier ausgebaut. Weitere Veränderungen werden in den 20er Jahren nicht vorgenommen. -- Im Haus sind 13 Hauptmieter gemeldet. Aus der Sicht der Eigentümerin ist das Haus gut vermietet.- 30er Jahre Im Mai 1931 ersucht Else Mühsam daher um die Genehmigung, die großen Wohnungen mit 8?12 Zimmern in kleinere mit 5?6 Zimmern umwandeln zu dürfen. Zu diesem Zweck muss sie eine Ausnahmegenehmigung erwirken und richtet am 11. Mai 1931 ein Schreiben an die Städtische Baupolizei. -- Die Eheschließung selbst findet am 26. Oktober 1939 in Berlin statt. Erik Schmidt ist vom 8. Oktober bis zum 30. Oktober 1939 offiziell in Berlin gemeldet. Als Adresse ist »Pension Korfu«, Rankestrasse 26, vermerkt. Durch die Ehe wird Hildegard Schmidt bei ihrem Mann in Frederiksberg, Danss Plads 10, gemeldet. Doch Hildegard Schmidt zieht in Wirklichkeit nie nach Dänemark. -- Im November 1939 trifft sich das Ehepaar für ein paar Tage in Kopenhagen und im Dezember desselben Jahres noch einmal in Berlin, wo es im selben Hotel wohnt. Danach existiert die Ehe bis zum Ende des Krieges lediglich auf dem Papier. Höchstwahrscheinlich entgeht Hildegard Schmidt durch diese Verbindung der Verfolgung durch die Nazis.- 1943 In der Nacht vom ersten zum zweiten November 1943 wird Charlottenburg Ziel schwerer Bombardierungen. Die darauf folgenden Luftangriffe am 22. und 23. November 1943 legen den Stadtteil in Schutt und Asche. Das Eigentum von Familie Mühsam bleibt erhalten. - Kriegsende Auch die Häuser der Marburger Straße liegen so gut wie vollständig in Trümmern, bis auf eine Ausnahme. Die Nummer 3 steht nahezu in ihrem einstigen Glanz. Wie durch ein Wunder haben das Haus und selbst die mit Stuck verzierte Fassade die Bombenangriffe unbeschadet überstanden. - Nachkriegszeit Johanna Elisabeth »Else« Mühsam stirbt am 19. Januar 1957 um 10 Uhr, einen Monat vor ihrem 80. Geburtstag, in ihrer Wohnung, Marburger Straße 3. Ihre Tochter Hildegard Schmidt heiratet am 10. März 1958 Ernst Dahlmann. Es ist ihre vierte Ehe. Mit dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 wird die wirtschaftliche Entwicklung erst einmal aufgehalten und die Kriegsspuren sind noch lange bis Ende der 60er Jahre sichtbar.- 70 & 80er Jahre Der Wohnungsmangel hält noch bis in die 70er Jahre an. Samstagabends bilden sich vor dem Zeitungskiosk am Bahnhof Zoo lange Menschenschlangen, die auf das Erscheinen der Zeitungen des folgenden Tages warten. Für die annoncierten Mietwohnungen interessieren sich vor allem die in die Stadt strömenden Studenten und jungen Männer, die vor dem Wehrdienst aus Westdeutschland in die Mauerstadt geflohen waren. -- Als Volker und Ellen Mayr 1972 in die Marburger Straße ziehen, ist der schöne Dielenfußboden der Wohnung noch unter der Auslegware verborgen. - ?Da waren Teppiche, die wir später rausgerissen haben, darunter war dickes Linoleum. Dieses Linoleum war dieses schöne, grüne, das man damals in der Nachkriegszeit hatte, aber das war schon schäbig und fing an zu stinken. Wir haben beschlossen, alles raus zu reißen. Da waren viele Beläge drüber, alles hat furchtbar gestunken, aber darunter kamen wunderbare Dielen aus der Zeit der Jahrhundertwende, Pitch Pine-Dielen aus Amerika, zum Vorschein. Sie sind besonders hart und breit und ohne Äste. Die gibt es nicht so oft.?- Nach dem Mauerfall - Neues Engagement. - Das Haus an der Marburger Straße 3 ist eines der wenigen repräsentativen Gewerbe- und Wohnhäuser in Berlin Charlottenburg, das den Krieg ohne Schaden überstanden hat. Während ganze Häuserzeilen im nahen Umfeld sowie auch der Großteil der nicht weit entfernten Gedächtniskirche zerstört wurden, blieb die Marburger Straße 3 wie durch ein Wunder unangetastet. -- Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude wurde im Jahre 1897 von dem jüdischen Bankier Paul Mühsam und seinem Sohn erbaut und ist ein außerordentliches Zeugnis der Berliner Gründerzeit. Insbesondere die prächtige Fassade zeugt von architektonisch hochwertiger Handwerkskunst. Um dieses Denkmal zu erhalten, führt der jetzige Eigentümer regelmäßig Instandhaltungsmaßnahmen durch und sorgt so für das Fortbestehen der geschichtsträchtigen Immobilie an der Marburger Straße 3.