Beschreibung:

192 S. : Ill. Originalleinen mit Schutzumschlag.

Bemerkung:

Sehr gutes Exemplar. - AUFTAKT -- Musik ist heilige Kunst, zu versammeln alle Arten von Mut -- Hugo von Hofmannsthal/Richard Strauss -- "Ariadne auf Naxos" -- Der Zweite Weltkrieg war noch nicht lange vorüber, als während einer "Sarffow-Auffiihrung ein Herr in meine Berliner Theatergarderobe kam und mich fragte: "Would you like to come to Australia?" "Ja", antwortete ich spontan und sagte, als er weg war, zu meiner Garderobiere: "Wenn der mich jetzt gefragt hätte: Willste auf n Mond kommen, hätte ich auch ja gesagt", so groß war nach den schrecklichen Kriegs- und Nachkriegsjahren die Sehnsucht, wieder hinauszu -- kommen. -- Der australische Rundfunk bot mir eine Tournee an, aber ich konnte nicht dran glauben. Wenn mich die Engländer nicht aus Berlin ausgeflogen hätten, wäre ich 1947 nicht mal bis Hamburg oder London zum Singen gekommen, und nun gar bis Australien! Doch der Vertrag kam wirklich zustande, und 1948, als im besiegten Deutschland noch niemand an Weltreisen denken konnte, flog ich allein ins ferne Traumland. Einem guten Freund aus Berlin gelang es, alle politischen und bürokratischen Hindernisse zu überwinden und -- mir als mein "Manager" nachzureisen. -- Die Australian Broadcasting Commission organisierte die Tournee -- und übertrug jedes Konzert zur Hälfte live, so daß man mich im ganzen Kontinent kannte und überall freudig begrüßte. -- Alles wäre wunderschön gewesen, wenn mir nicht meine Stimme Kummer bereitet hätte. Schon in den Jahren vorher hatte ich ab und zu mit den höchsten Tönen Schwierigkeiten gehabt; die verflixten hohen D und F wollten nicht mehr so, wie ich's gewöhnt war. Aber ich mußte sie doch singen, wegen der Koloraturen hatten sie mich ja geholt! Daß auch ich älter wurde und fast die Fünfzig erreicht hatte, glaubte mir einfach niemand. Doch ich befand mich nun mal in den -- kritischen Jahren; mein Körper stellte sich um und die Stimme auch, das war ganz normal. Die Höhe wird abgebaut, die Spitzentöne verlieren ihren Glanz, werden schärfer oder verschwinden ganz. Aber ich wehrte mich dagegen. Ich wollte nicht aufgeben und schlechter singen erst recht nicht. -- Da trafen wir in Brisbane den berühmten italienischen Tenor Tito Schipa, der dort ein Konzert gab. Er war schon ein älterer Herr und sang sehr kultiviert und schön, wenn auch nicht so strahlend wie Gigli. Am Ende bekam er einen fürchterlichen Schleim auf die Stimme, überspielte das jedoch mit unglaublicher Technik. Ohne Panik und ohne zu forcieren, holte er den Ton geschickt von oben, daß er, ohne zu unterbrechen, weitersingen konnte. Das imponierte mir sehr, und mein Freund, von Beruf Arzt, flüsterte mir zu: "Genauso mußt Du's auch machen, von oben durch den Körper herunterziehen!" -- Zunächst glaubte ich nicht, daß es mir gelingen könnte, denn ich mußte völlig umdenken und mir eine neue Art zu singen aneignen. Als ich damit nach Europa zurückkehrte, schwärmten die Rezensenten: "Erna Berger scheint das Geheimnis der ewigen Jugend gefunden zu haben. Ihrer Stimme ist kein Altem anzumerken. Sie klingt herrlicher denn je, es ist ein Wunder." -- Unter wieviel Mühe und Tränen ich das geschafft hatte, wußte niemand. Was habe ich alles angestellt! Flach auf dem Boden gelegen beim Singen oder die Stirn gegen die Wand gepreßt, wie's Caruso gemacht haben soll, und versucht, die guten Ratschläge zu befolgen, an denen es nicht fehlte. "Du mußt den Körper ganz weit öffnen und unten durchsingen, das hohe C muß quasi durch die Beine kommen", erklärte mein Doktor - aber was meinte er damit? Ich übte und probierte unermüdlich, während ich nebenher die Tournee mit ihren Strapazen absolvierte, und allmählich stellte sich der Erfolg ein, und ich wußte, worauf es ankam. Ich sang nicht mehr einfach raus wie ein Vogel, sondern konzentrierte mich schon beim Einatmen auf dieses entspannte Durch-den-Körper-Singen und konnte bald einen Ton wieder genauso verstärken und halten wie als junger Mensch. ISBN 9783254001443