Beschreibung:

538 S. Gebundene Ausgabe in Schutzumschlag.

Bemerkung:

Lediglich der Schutzumschlag ist leicht berieben. Sonst aber ein sehr gutes und sauberes Exemplar. - Vierzig Jahre seines Lebens hat Claudel das verantwortungsvolle Amt eines Diplomaten ausgeübt. Die Stationen seiner Laufbahn New York, Boston, Foutchou, Peking, Tientsin, Prag, Frankfurt, Hamburg, Rom, Rio de Janeiro, Kopenhagen, Tokio, Washington und Brüssel bezeichnen nur andeutungsweise die Welt-Erfahrung des Dichters, der von diesen Posten aus noch weitere Reisen unternahm, zu denen seine unstillbare Weltleidenschaft ihn trieb. Führte ihn sein Wunsch, den Fernen Osten kennenzulernen, auf die Hochschule für Orientalische Wissenschaften und der Rat des Direktors dieses Institutes auf die Diplomatenlaufbahn, so hat er sich doch nie an die Fremde verloren. Stets hat er sich nur angeeignet, was seinem Wesen und seinem Werk entgegenkam. Mit ganzer Leidenschaft hat Claudel zuvor freilich die heimatliche Landschaft in sich aufgesogen. Nicht nur ihre Geschichte war ihm bis weit zurück in mittelalterliche Zeiten gegenwärtig. Er selber bevölkerte sie mit den Seelendramen seiner jungen Jahre. Hier nahmen sie Gestalt an, hier träumte er sie zu Ende, hier staute sich der Erfahrungsstoff, der später in sein Werk einströmt. Bei aller Ichbezogenheit dieser Erlebnisweise ging es dabei um ein Anverwandeln der Umwelt, der allernächsten zuerst, ein Einüben der Wahrnehmungsorgane, die fortan bereit sein mußten, ganze Welten aufzunehmen. Texte wie der über die »Glasmalereien der Kathedralen Frankreichs« oder der über »Das französische Chanson« sind aus seiner Feder keine Sach-und Fachberichte; sie erschließen Kräfte echten Empfindungslebens, die bis in unsere Tage wirksam sind. Selbst, wo bestimmte Ereignisse wie eine heikle diplomatische Mission in Brasilien, oder die Repräsentierung Frankreichs bei der Krönung Pius XII., oder die Entgegennahme des Ehrendoktordiploms der Universität Cambridge den äußeren Anlaß geben, führen die Schilderungen an Grundsätzliches heran. »Wenn der Schriftsteller für den Diplomaten ein nützlicher Mitarbeiter ist«, sagt Claudel, »so ist der Diplomat seinerseits für den Schriftsteller ein unschätzbarer Weggefährte. Er hält ihn streng bei der Stange, fern von aller unbestimmten Träumerei und allem konventionellen Gerede, auf der Linie der praktischen Notwendigkeiten, der großen Probleme und der brennenden Fragen... Die Diplomatie erteilt von Minute zu Minute Lehren in der großen Menschenkunst, die im Deuten und gleichzeitig im Erkunden besteht.« Deuten und Erkunden bestimmen auch das Verhältnis des Dichters zur Welt des Fernen Ostens! Insgesamt hat er einundzwanzig Jahre seines Lehens dort verbracht, eine Frist, die ihm diese Weit in mannigfacher Hinsicht erschließt und Eindrücke vermittelt, die auf vielfache Weise in sein Werk zurückspiegeln. Die drei Prosawerke, die davon Zeugnis ahlegen, »Erkenntnis des Ostens«, »Unter dem Drachenzeichen« und »Schwarzer Vogel im Sonnenaufgang« werden in diesem Band erstmals vollständig in deutscher Sprache vorgelegt. Sieht man näher hin, umschließt »Erkenntnis des Ostens« einen doppelten Inhalt. In der Fremde, ganz auf sich verwiesen, in der Verbannung, sich selber überlassen, gelangt der Dichter zur vertieften Erkenntnis seiner selbst und zugleich zu der seiner neuen Umwelt im umfassendsten Sinne als einer Landschaft, Kunst, Philosophie und Religion umschließenden Welt. Überlegungen ganz anderer Art liegen dem Bericht »Unter dem Drachenzeichen« zugrunde. Daß wir ihn wie das Dokument »Meine Reise durch Indochina«, veröffentlichen können, stellt insofern einen Glücksfall dar, als heim Herannahen der Deutschen 1940 im Hofe des Quai d?Orsay mit anderen Papieren sämtliche diplomatischen Berichte verbrannt wurden. In diesem Werke, das uns erhalten blieb, ist das Wissen, sind Beobachtungen und Erfahrungen volkskundlicher, kultureller, religiöser, geschichtlicher und auch Wirtschaft sgeschichtlicher Art aus der langjährigen Vertrautheit mit China zusammengeströmt. Sie gewinnen ihren Wert dadurch, daß hier ein Mensch sich äußerte, der aus der Festigkeit seiner Überzeugungen als Beobachtender versucht, das Andersartige als ein solches begreiflich zu machen. Die verschiedenen Texte dagegen, die in der Sammlung »Schwarzer Vogel im Sonnenaufgang« vereinigt wurden, sind aus verschiedensten Überlegungen und Anlässen entstanden. Trotzdem bilden sie ein Kunstwerk in sich, an dem auch die Japaner sich neu zu erkennen glauben. Noch heute sprechen sie vom Botschafter Claudel mit der größten Verehrung und zeigen den Weg, den er ging während des Erdbebens in Tokio (1923), von dem der Dichter in diesem Buche eine in dieser Weise nie wieder erreichte Schilderung gegeben hat. In der Erinnerung an alles, was dieses Japan war, läßt er sein »Adieu, Japon« mit den Worten beginnen: »Es ist zu fürchten, daß die Atombombe recht eigentlich den Kern der Menschengruppe gespalten hat, die doch so fest, einheitlich und tüchtig ist und die da Japan heißt.« Wie »Adieu, Japon«, so ist dieser ganze Band immer wieder nicht nur Rückblick, sondern auch ständiger Ausblick in unsere eigene Zeit und ihre entscheidendsten Fragen. INHALT: Heimat und Fremde, Erkenntnis des Ostens, Schwarzer Vogel im Sonnenaufgang, Unter dem Drachenzeichen, Kleine Schriften.