Beschreibung:

231 Seiten; Illustr.; 19 cm; fadengeh. Orig.-Leinenband.

Bemerkung:

Gutes Exemplar. - Aus der Bibliothek von Irmelin Hoffer (ohne Namensnennung); ihr (damaliger) Schwiegervater = Hans Andreasen. Irmelin Hoffer (spätere Nohal) war zeitweise Geschäftsführerin der Erich-Fried-Gesellschaft. - " ... Und ich lasse meinen heimlichen Wünschen freien Lauf, - verkaufe meine irdischen Güter und nehme Abschied von meinen Freunden. "Wohin?", fragen sie. Ich aber antworte: "Südwärts, der Sonne entgegen, - der Sonne entgegen!" Wiederum fragen sie: "Wohin?" - Über die Unruhe des Hafens, das Geheul der Schiffssirenen, das Kreischen der Kräne und das polternde Fallen der Kisten von gebeugten Rücken hinweg rufe ich ihnen zu: "Südwärts, der Sonne entgegen ..." Der Dampfer zerrt in den Trossen, knarrt gegen die Dalben. Schwer wälzt sich der Qualm aus dem Schornstein und vermählt sich dem grauen Himmel, wir gleiten ins Weite. Der Schiffstelegraph klingelt quicklebendig und erregend: "Volle Fahrt voraus!" - Ich habe als Messe-Steward an Bord eines Frachters angeheuert. Zunächst geht es nach Norwegen mit einer Ladung Weizen, dann weiter nach Rotterdam und Antwerpen. Dort will ich abmustern und mich als Fahrgast nach den Kanarischen Inseln einschiffen, wo ich fast den ganzen Winter über bleiben möchte. Ich habe gehört, man könne da billig leben, und das Klima sei wie ein milder göttlicher Hauch. Meine Unterkunft an Bord des Schiffes muß ich mit dem Küchenmaat sowie dem Ersten und Zweiten Kajütenjungen teilen. Vier Wandspinde und vier Kojen mit Wolldecken gehören uns; auf dem Wandkalender steht 10. Juli, obgleich wir jetzt November haben. Unter dem Datum heißt es lakonisch: "total besoffen", - die Schrift bestätigt diesen Zustand. Daneben eine Reklame für North State Zigaretten. Ein nacktes Mädchen lächelt lüstern aus dem Rahmen über dem Waschtisch; das zerbrochene Glas kündet von gewaltsamen Annäherungen. Gloria Swanson, mit Heftzwecken über der Koje des Kochmaats an die Wand gedrückt, nippt aus einem nie versiegenden Glas Champagner; die Spuren zehnjähriger Bewunderung zeichnen sich ab. Vor dem Bullauge kommt und geht eine graugrüne See. Unsere Kammer befindet sich mittschiffs in einem öltriefenden Gang, überall liegen schmutzstrotzende Schmierlappen herum. Das höllische Stoßen der Maschine erschüttert Türen, Lampen, Menschen ... In der Messe sitzen der Zweite Ingenieur, der Erste Offizier und der Funker, sie warten auf die übrigen Offiziere. Faul und satt genießen sie die Nachmittagszigarette. ? " (Seite 12 / 13) // " ... Vor uns liegt das jungfräulich keusche und weiße Ufer des Rio, darüber sich wiegende, sich neigende Palmen. Ein verklärender Harfenakkord, ein Chor aus den reinen, hohen Sopranstimmen Tausender von Engeln: Rio de Janeiro. Wir passieren den Zuckerhut, das Wahrzeichen Rios. Er gleicht eher einem Riesenfinger, der den See-fahrer mahnt: "Neige dich in Ehrfurcht; denn hier verlor unser Herrgott seine himmlische Palette, als er im Anbeginn der Zeiten seiner Erde Farben gab." Und was von dieser Palette übrigblieb, nennt sich heute Rio de Janeiro. Staunend, wie neugeboren, reiße ich die Augen auf. Bewaldete Berge umrahmen die Bucht. In der Ferne recken sich Bergspitzen in den Himmel, den sie zu tragen scheinen. Im Kreisrund führen alte Forts aus den Anfängen der spanischen und portugiesischen Eroberung einen Todeskampf gegen den Zahn der Zeit. Von grüner Patina überzogene Bronzekanonen ragen aus den Schießscharten hervor; ihre Kriegslust ist längst von wuchernden Schlingpflanzen erdrosselt. Die ungewöhnlichsten Blumen der Welt scheinen hier ein Stelldichein zu haben. Sie flüstern und duften, würzen die Luft mit einem betäubenden Wohlgeruch, und wie in einem goldenen Käfig streicheln die gefiederten Blumen der Luft die lichtschimmernden Kristalle des Äthers. ? " (Seite 175 / 176 )