Beschreibung:

gehalten in der Kirche St. Theodor, den 14ten Jenner 1816. Basel, Flick, 1816. 16 S. Rückenbroschur.

Bemerkung:

Selten (KVK 3 Expl.). - Gegen die exzentrisch-pietistische Wanderpredigerin Juliane von Kruedener (1764-1824) gerichtete Predigt. Dass dem aufklärerisch gesinnten Pfarrer Faesch (1752-1832), der in seiner Jugend ein aktiver Vertreter der Helvetischen Revolution gewesen war, die Anwesenheit der Kruedener in Basel und ihre Umtriebe ein Dorn im Auge waren, verwundert nicht. In seiner eher nebulös betitelten Predigt kommt er behutsam auf sein eigentliches Thema zu sprechen, nennt den Namen Kruedener nie, aber wird dennoch sehr deutlich. Einleitend spricht er sich dagegen aus, dass Laien predigen und das Wort Gottes auslegen wollen. Dies sei Aufgabe des studierten Theologen. Dann (S.7) kommt er zu seinem eigentlichen Anliegen: das predigende "Weib". "Wann es aber nicht jedem Manne gebühret als Lehrer der Religion aufzutretten, so geziemet es noch weniger den Weibern". So beginnt er seinen Angriff auf die Kruedener. Dies verstanden die Zeitgenossen natürlich sofort. Einer hat die Textstelle am Rand markiert und an den Fuß der Seite in Tinte erläuternd hinzugefügt: "Frau Grudener". Über vier Seiten, etwa ein Viertel der gesamten Predigt, umschmeichelt Faesch die Damenwelt, lobt Eloquenz, Frömmigkeit und erwähnt gelegentliches Auftreten von Gelehrsamkeit, aber das Predigeramt, da bleibt er fest, das sei dem Manne vorbehalten. - Juliane von Kruedener war, aus Paris kommend, im Herbst 1815 in Basel eingetroffen. Das "fromme Basel" verfügte über eine in weiten Teilen pietistisch gesinnte Bürgerschaft. Ihre Predigten und Zusammenkünfte, bei denen auch für Bedürftige Spenden gesammelt wurden, zogen daher die Menschen in großen Scharen an. Schließlich verfügte die "Obrigkeit" wegen der entstandenen Unruhe, dass Frau v. Kruedener die Stadt zu verlassen habe. Sie hielt sich aber weiter in der Region (Nordschweiz, Baden) auf. Die Not im Hungerjahr 1816 machte die Menschen ihren Predigten noch zugänglicher und die Massenversammlungen alarmierten schließlich die Staatsmacht. Polizeilich eskortiert wurde sie von mehreren Staaten jeweils ins Nachbarland abgeschoben, bis sie zur russischen Grenze durchgereicht worden war. Mit dem Verbot, in Petersburg oder Moskau Wohnung zu nehmen, wurde sie 1818 in Russland aufgenommen, wo sie auch 1824 verstarb.