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Beschreibung:
ARCADIA ART Lovis Corinth (1858 Tapiau - 1925 Zandvoort), Rudolf von Rittner als Florian Geyer, 1924 (Müller 854), Kaltnadelradierung mit Bleistift signiert. 20,4 × 14,2 (Plattengröße), 37,7 × 30,6 cm (Blattgröße). Herausgegeben von Karl Nierendorf, Berlin. Im Passepartout gerahmt. - Kräftiger, präziser Abdruck. Rahmen leicht berieben und mit zwei kleinen Fehlstellen. zum Werk Der Ritter ist ein Leitmotiv in Lovis Corinths Werk, das in seinem Selbstbildnis im Harnisch aus dem Jahre 1914 kulminiert. Unter den Bildern mit dieser Thematik stellt Corinth am häufigsten Florian Geyer dar. Einem fränkischen Adelshaus entstammend setzte er sich in den Bauernkriegen der Reformationszeit zunächst diplomatisch und dann militärisch für die Freiheit der Bauern ein und führte den legendären Schwarzen Haufen an. Der Name leitet sich von den schwarzen Uniformen her, mit denen Geyer die kampfwilligen Bauern eingekleidet hatte. Während der napoleonischen Besatzung wurde der Freiheitskämpfer Florian Geyer von der Romantik besungen und das 1813 von Major von Lützow gegründete Freikorps Die Schwarze Schaar trat die Nachfolge des Schwarzen Haufens an. Vor diesem historischen Hintergrund verfasste Gerhard Hauptmann das Revolutionsdrama Florian Geyer, welches 1896 im Deutschen Theater in Berlin uraufgeführt wurde. Hatte der Schauspieler Rudolf Rittner, der später in den Filmen Fritz Langs mitwirken sollte, zunächst die Rolle des Schäferhans inne, übernahm er bei der abermals unter der Regie von Emil Lessing erfolgten Neuinszenierung im Berliner Lessingtheater 1904 die Hauptrolle, mit der er seinen Ruhm als Schauspieler begründete. Hauptmann selbst äußerte sich lobend über die schauspielerische Leistung. An Hugo von Hofmannsthal schrieb er: "Mit dem Florian Geyer ging es ganz gut. Ich habe jedenfalls die sehr große Freude gehabt das Stück wieder zu sehen in bewunderungswürdiger Darstellung." Und auch Lovis Corinth war derart von Rittners Darbietung angetan, dass er ihn 1906 in der Rolle des Florian Geyer in Öl porträtierte. Nach zwei weiteren grafischen Versionen von 1915 und 1920/21 kommt Corinth ein Jahr vor seinem Tod und knapp zwanzig Jahre nach Anfertigung des Ölbildes wieder auf das Gemälde zurück, um 1924 die vor Augen stehende Grafik zu schaffen. Selbst die bildinterne Bezeichnung wurde übernommen. Dies belegt umso mehr die Relevanz des Ritters und Freiheitskämpfers für Corinths Selbstverständnis. Insbesondere das Ölbild kündet von der zielstrebigen Entschlossenheit bis zum Letzten für die verteidigten Werte zu kämpfen, was sich beim Ölbild in der zerfetzten, aber doch dem Gegner entgegengehaltenen Fahne kundtut. Eine Parallele zu Rainer Maria Rilkes 1899 verfassten Erzählung Der Cornet, in welcher der Protagonist mit der zunächst unter Einsatz seines Lebens geretteten Fahne untergeht. Das Bildnis ist folglich zugleich ein Selbstbildnis und die Ritterrüstung keine akademische Kostümierung oder eine ironische Brechung, sondern Ausdruck von Corinths Sicht auf sich selbst, was zugleich seine Selbstdarstellung als Künstler beinhaltet. Dementsprechend zeigt das Ausstellungsplakat der Secession anlässlich der 1913 stattfindenden Schau seines Lebenswerks Florian Geyer. Auch die Kunst ist ein Kampf, der Wille, durch das Werk immer weiter Boden zugewinnen. In diesem Sinne ist Corinth ein Avantgardist, ohne allerdings zu einer Avantgarde zu gehören. Er ist ein Einzelkämpfer, nicht Mitglied einer Kampfgruppe - Florian Geyer ohne seinen Schwarzen Haufen, ganz auf sich allein gestellt. Dieser Kampf hat für Corinth noch eine eigene schicksalshafte Dimension: Es ist der Kampf mit und gegen den eigenen Körper nach der Lähmung durch den im Jahre 1911 erlittenen Schlaganfall. Und vergleichen wir das vorbildliche Ölbild mit der späten Radierung, etwa die Gestaltung des Kopfes oder auch des linken Armes, wirkt der Duktus selbst wie ein Kampfesgeschehen, aus dem heraus sich der Ritter manifestiert. [...]