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Beschreibung:
280 Seiten; 21 cm. Fadengeh. Orig.-Leinenband.
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Akzeptables Exemplar; Gebrauchs- und Lagerspuren; Arbeits- und Quellenexemplar des libertären Dokumentaristen Hansdieter Heilmann; mit Bleistiftanstreichungen; zahlr. Beilagen; Seiten stw. mit leichten Feuchtigkeitsspuren; Einband berieben u. stw. leicht beschabt; kleinere Läsuren; Teile d. Umschlages (oder Verlagesbeilage ?) auf Vorsatz geklebt. - EXIL-Veröffentlichung. - Martin Gumpert (* 13. November 1897 in Berlin; ? 18. April 1955 in New York) war ein deutsch-US-amerikanischer Mediziner und Schriftsteller. Ab 1927 war er niedergelassener Facharzt, ab 1928 leitete er zudem das städtische Ambulatorium für Geschlechtskrankheiten. Seine auf soziale Rehabilitation seiner Patienten ausgerichtete Einstellung veranlasste ihn, sich von französischen Fachkollegen neuartige Operationspraktiken anzueignen und das erste Beratungs- und Behandlungszentrum dieser Art in Deutschland einzuführen. Er war in der deutschen Hauptstadt Berlin der Pionier der heilenden Behandlung von Entstellungen. Er setzte sich bei staatlichen Institutionen dafür ein, seinen oft mittellosen Patienten Hilfsleistungen zukommen zu lassen und behandelte sie selbst in solchen Fällen unentgeltlich. Neben zahlreichen Veröffentlichungen zu seinem Fachgebiet verfasste Gumpert weiterhin Literatur. 1933 wurde er unmittelbar nach der Machtergreifung gezwungen, seine Ämter niederzulegen. Er zog sich ins Privatleben zurück und arbeitete wieder verstärkt an literarischen Werken, Biografien berühmter Forscher und Ärzte. Nachdem er allerdings 1935 durch die NS-Rechtspraxis als Jude sogar aus dem "Reichsverband deutscher Schriftsteller" RDS zwangsweise ausgeschlossen worden war, sah er für sich keine Zukunft mehr in Deutschland und wählte 1936 die Emigration. Gumpert siedelte in die Vereinigten Staaten über. Er eröffnete im Herbst 1936 eine dermatologische Praxis in New York. Er kam oft zusammen mit einer Gruppe exilierter deutscher Schriftsteller, die sich im Bedford-Hotel in der 40th Street trafen. ? (wiki) // Dieses Buch wurde vor einem Jahr beendet als ein Versuch, nahe Vergangenheit aufrichtig zu schildern. Seither ist so viel Tierisches, Trübes, Entstellendes geschehen, daß im Spiegel des europäischen Elends von heute die Schilderung dieser abgeschlossenen Zeit fast zu milde, zu idyllisch, zu ahnungslos erscheint. Die Lage, in die wir geraten sind, könnte die Korrektur manchen Urteils rechtfertigen. Doch das würde den Sinn dieser Arbeit verfälschen, die den Bericht über ein durchschnittliches, gegenwärtiges Dasein erstatten will, wie etwa ein Arzt eine Krankengeschichte schreibt. Die eigenen Irrtümer und Schwächen gehören dazu. Es bleibt die Hoffnung auf genügend Zeit, um sie gutzumachen. New York, Juni 1939 - M.G. (Vorwort) // INHALT / Kapitel: I. Vorkrieg. II. Krieg. ----- III. Nachkrieg. ----- IV. Untergang Europas. ----- V. Amerika. // ... 77 % der Berliner Proletarierkinder besaßen keine eigene Schlafstätte. Von 56.000 Fällen offener Tuberkulose besaßen 18.000, also ein Drittel, 1927 kein eigenes Bett. Aber weit schlimmer noch als die physische Verwahrlosung war die psychische. Es gab in einer Stadt wie Berlin mehr als eine Million Jugendlicher. Diese Armee wuchs heran in einer Atmosphäre von Haß, Erbitterung, Zukunftslosigkeit und brutalem Realismus. Es war unheimlich, diese Kinder, noch befangen in der amoralischen Unschuld ihres Alters, vor sich zu sehen. Man hatte das Gefühl, daß man nichts von ihnen wußte, sie sprachen eine fremde Sprache, spielten fremde Spiele, waren von einer harten, gierigen, illusionslosen Lebenssucht besessen, und man mußte den Tag mit Grauen voraussehen, an dem sie, dem Bannkreis ihrer Kindheit entzogen, als Erwachsene aus Spiel Ernst machen würden. Es war die kommende Garde Hitlers, die da unserem psychologischen Scharfblick undurchdringlich standhielt. Wir verfügten nicht über die mikroskopische Linse, die die Struktur dieser neuen, bedauernswerten, unmenschlichen Lebewesen hätte enträtseln können. Häufig hatte ich um diese Zeit als Sachverständiger auf den Gerichten zu tun, denn aus den Krankheiten der Kinder entwickelten sich in der Regel langwierige, schmutzige Prozesse. Irgend ein Nachbar kam dahinter. Ein ganzes Miethaus wurde zur Hölle. Die Parteien schlugen sich, verleumdeten, verklagten, Verfahren wurden eingeleitet, Kinder gerieten in Fürsorgeerziehung, und wenn wir Gelegenheit hatten, diese Missetäter zu sehen und zu untersuchen, so waren es armselige, magere, verbockte, verschüchterte Wesen, aber alles andere als Sexualverbrecher. Diese Stunden auf dem Kriminalgericht gehören zu den schwärzesten Eindrücken meines Lebens. ? (Seite 174 / 175)