Beschreibung:

ARCADIA ART Hermann Prell (1854 Leipzig - 1922 Dresden-Loschwitz). Brustbild eines Pharisäers, 1885. Studie zur rechten Figur zum Gemälde "Judas Ischarioth" von 1886. Mit Deckweiß gehöhte Zeichnung in Bleistift und schwarzer Kreide auf beigegrauem Velin, 34 x 27,8 cm, 52 x 45 cm (Passepartout), signiert, datiert und bezeichnet "H. PRELL 1885 zu 'Judas'". Minimal gebräunt, Ränder mit Klebestreifen hinterlegt, rückseitig Sammlungsstempel. zum Werk Das Bild ist der Entwurf für den Kopf desjenigen Pharisäers, der Judas auf einem der Hauptwerke Herrmann Prells, dem 1886 vollendeten Gemälde "Verrat des Judas", Judas die Münzen darbietet. Das Gemälde gehört den Staatliche Kunstsammlungen Dresden und ist abgebildet in: Adolf Rosenberg: Prell, Bielefeld und Leipzig 1901, S. 21 (Abb. 19). Im Thieme-Becker wird es eigens hervorgehoben (Bd. 27, S. 376). Der bildfüllende durch das ornamentierte Prunkgewand ausgezeichnete, monumental wirkende Kopf ist beinahe ins verlorene Profil gewendet, was auf dem ausgeführten Gemälde durch die Hinwendung des Pharisäers zu Judas begründet ist. Trotzdem sich der Dargestellte dem Betrachter durch seine Abwendung entzieht, galt es, die Motivation des Kaufs einer der Jünger Christi künstlerisch herauszuarbeiten, weshalb die Zeichnung auf die Ausprägung des Gesichtsausdrucks fokussiert ist, während das 'Beiwerk' eine eher summarische Behandlung erfährt. Bei der Charakterisierung des Gesichts meistert Hermann Prell eine Gradwanderung: Indem der Pharisäer trotz seines zerstörerischen Handelns ein Akteur der Heilsgeschichte ist, hat der Kopf eine diesem Geschehen entsprechende Würde aufzuweisen, zugleich muss die Physiognomie aber auch von der intriganten, den Verrat in die Wege leitenden Einstellung zeugen. Zur Lösung dieses Dilemmas bezieht sich Prell auf traditionelle Darstellungen von Apostelköpfen, verschattet das Gesicht, um die verstockte Dunkelheit des Geistes anzuzeigen und rückt den Nasenansatz leicht hoch, während die Mundpartie abfällt, wodurch der Motivation des Handelns ein physiognomischer Ausdruck gegeben wird. Die am Verrat hängende fatale Dramatik kommt in der Monumentalisierung des Kopfes ebenso zum Ausdruck wie in den gewitterartig aufleuchtenden Weißhöhungen, die mit dem Dunkel der Kreide kontrastieren. In Form einer vom Künstler selbst als eigenständiges Werk angesehen Studie werden anhand dieser Zeichnung die Bildprobleme und die Ideenfindung der Monumentalmalerei sichtbar. Auswahl öffentlicher Sammlungen, die Werke von Hermann Prell besitzen: Albertinum Dresden, Städtische Kunstsammlung Chemnitz, Stadtmuseum Bautzen. Auswahlbibliographie Adolf Rosenberg: Prell. Mit 115 Abbildungen nach Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen, Bielefeld 1901. George Galland: Hermann Prell. Fresken, Skulpturen und Tafelbilder des Meisters, Leipzig 1916. Hartwig Fischer: Ein Wilhelminisches Gesamtkunstwerk auf dem Kapitol. Hermann Prell und die Einrichtung des Thronsaals in der Deutschen Botschaft zu Rom 1894-1899. Hamburg 1998. Christel Wünsch: Hermann Prell. In: Die Kunst hat nie ein Mensch allein besessen. Dreihundert Jahre Akademie der Künste und Hochschule der Künste Berlin. Katalog Akademie der Künste und Hochschule der Künste, Berlin 1996, S. 317-319. Heike Biedermann, Katrin Bielmeier: "Aber befreit empor zum Äther kreisen die Musen". Zur Ausgestaltung des Treppenhauses im Albertinum durch Hermann Prell. In: Dresdener Kunstblätter 54,4 (2010), S. 228-232.