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Guter Zustand. - Nazi-Psychiater, Stichwort Euthanasie // Die wissenschaftsgeschichtliche Betrachtung, die dem Leben und Werk Alfred Erich Hoches gilt - er lebte von 1865 bis 1943 ist von verschiedenen Problemfeldem her zu begründen. Die Tätigkeitsbereiche, die hier am Beispiel eines Gelehrten in Frage stehen, hat man sich im Blick auf die Zeit der Moderne keineswegs als eine harmonische Einheit zu denken. Es gibt zahlreiche Spannungsfelder unter ihnen, vor allem solche zwischen den genannten Wissensgebieten einerseits und der modernen Literatur zum andern; und es gibt sie deutlich erkennbar, seit sich die Literatur der Moderne aus der Umklammerung durch die Naturwissenschaften gelöst hat, in die sie durch den europäischen Naturalismus geraten war. ?Zola hatte sich eine sehr unvollständige Vorstellung vom Wesen der Naturwissenschaft gemacht und diese noch dazu unrichtig übertragen?, stellt Robert Musil 1927 in einem seiner Essays fest.1 Gleichwohl bleiben die Schriftsteller der Moderne in hohem Maße auf den Gang der Wissenschaften und ihre Probleme gerichtet. Die meisten von ihnen sind poetae docti, aber sie sind es gegenüber früheren Epochen in einem veränderten Sinn. Gegenüber den Wissenschaften, die sie kennen und von denen sie herkommen, verhalten sie sich selbständig und fragend; sie verhalten sich nicht selten kritisch distanziert. Doch geht es dabei nicht um Wissenschaften überhaupt, sondern um solche vor anderen, die unmittelbar in die Lebenswirklichkeit des Menschen eingreifen, so daß ihre Resultate jeden Einzelnen angehen. Eine zunehmend in das Blickfeld der Literatur gelangte Wissenschaft ist die Psychiatrie. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, wieviel hier seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts in Fluß geraten war, die Verfahrensweise eingeschlossen, die Sigmund Freud sehr bald als Psychoanalyse bezeichnen wird. Schriftsteller der Moderne wie Schnitzler, Döblin oder Benn, die als Nervenärzte begonnen haben, machen von ihrem Wissen Gebrauch, und indem sie es tun, verändern sie die Litera- tur. Das zweite Wissensgebiet, in dem sich nicht wenige Autoren der neuen Literatur von ihrer Herkunft her auskennen, ist die Jurisprudenz, vorzugsweise die Strafrechtswissenschaft, wie sich an der Rechts- und Justizkritik in den Werken von Kraus, Kafka, Tucholsky, Hiller, Heym oder Heinrich Mann zeigt. Im Hinblick vor allem auf diese Wissensgebiete ist die Feststellung kaum von der Hand zu weisen, daß die deutsche Literatur im ersten Drittel unseres Jahrhunderts ohne das aus diesen Gebieten sich herleitende Hintergrundwissen kaum angemessen zu verstehen ist. Die kritische Distanz von Autoren moderner Literatur gilt einer dieser Wissenschaften oder auch beiden zugleich, wenn sie sich zu einer Art Allianz zusammentun. Eine solche gibt es um 1900 im gemeinsamen Vorgehen gegen Bettler, Vagabunden, Asoziale oder wie man die Angehörigen dieser Menschengruppe auch nennen mag. Die einschlägige Studie des Psychiaters Karl Bonhoeffer aus dem Jahre 1901, die im Untertitel eine psychiatrische Untersuchung genannt wird, ist bezeichnenderweise in einem Organ der Jurisprudenz erschienen: in der ?Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft?.2 In seinem Romanwerk ?Der Mann ohne Eigenschaften? hat Musil solche, aus seiner Sicht falsche Allianzen mit unüberhörbarer Ironie charakterisiert, wenn dort von dem Engel der Medizin gesprochen wird, der im Gerichtssaal gern seine Sendung vergißt und sich wie ein Reserveengel der Jurisprudenz benimmt.3 Die Kontroversen um das Töten im Krieg wie um Beibehaltung oder Abschaffung der Todesstrafe in der Zeit der Weimarer Republik kommen hinzu. Damit ist ein zweites Problemfeld bezeichnet: die geistige Situation in der Zeit nach einem verlorenen Krieg, die in der Literatur anders durchzuarbeiten versucht wird, als es in den meisten Wissenschaften geschieht. Labile Bewußtseinszustände, Verdrängungen oder ideologischer Eifer in der Kultivierung des Kampfes bewirken Konstellationen bedrohlicher Art. ISBN 9783769616071