Beschreibung:

[88] S. : überwiegend Ill. (z.T. farb.) ; 31 cm. Originalleinen mit illustr. Schutzumschlag.

Bemerkung:

Gutes Exemplar; Umschlag mit kl. Riß. - ... Nach Dailles kam Marcel Imsand nicht als Photograph. Die Bilder, die er in zehn Jahren mitbrachte, gehen nicht über ein paar Dutzend. Manchmal ließ er Clemence draußen posieren, gab ihr ein Huhn in den Arm, oder fotografierte Paul, wie er Rosen anbietet. Doch aus der langen tiefen Vertrautheit stieg der Wunsch auf, Bilder zu machen, die man, in jeder Beziehung, als innere Bilder bezeichnen kann. Eines Tages überrascht er Paul, wie er Clemence die Haare kämmt, da sie einen Arm in der Schlinge trägt, oder Clemence, wie sie Paul die langen weißen Haare schneidet. Ein andermal kam Marcel mit seinem Schlafsack an, blieb bis zum Abend, ohne zu photographieren. Paul redete, sagte Gedichte auf, setzte dem aufmerksamen Freund seine Ansichten auseinander über Diesseits und Jenseits. Clemence hatte ihre Hand auf die Schulter des Besuchers gelegt. Da die Nacht hereinbrach, zog sie sich zurück. Um ein Uhr am Morgen erlosch das Feuer im Kamin, und die Männer stiegen hinauf, legten sich nieder. Der Vorhang, hinter dem Imsand schlief, verdeckte zwar das Versteck des Hausherrn, hielt aber nicht die Gerüche des Elends zurück. Am anderen Tag überwand sich Imsand, fragte Paul, ob er einwillige, daß er ein Photo von seinem Aufstehen mache. Leiser verspürte eine starke Freundschaft zu Marcel und richtete sich nach dessen künstlerischen Forderungen, daß er vor dem Objektiv immer in vollkommener Natürlichkeit bliebe. Er ließ sich auf seinem Klamottenbett photographieren, wusch sich, zog sich an. "Eine sehr starke Bewegung ist da über mich gekommen", erzählt Marcel Imsand heute. Clemence verlor das Gedächtnis, fiel in ihre Kindheit zurück. Glaubte, Paul wäre ihr Vater. Man mußte sie nach Lausanne bringen. Leiser, allein in Dailles zurückgeblieben, aß zehn Tage nichts mehr. Vor seinem Feuer in sich zusammengesunken, nahm er keinerlei Hilfe an. Er war 83. Imsand glaubte, er müsse sterben. Eines Nachts nahm der Alte all seine Kraft zusammen, er stand noch einmal auf, verwendete Stunden zum Waschen und Umkleiden. Als der Morgen kam, willigte er ein, rasiert, aufrecht, in seinem sauberen Gewand gestutzt wie ein feiner Herr, daß eine Krankenschwester ihn ins Spital von Saint-Loup führte. Zehn Monate verbrachte er da, vollkommen klar im Kopf. Im November 1980 starb er. - B.G. ? (Seite 10) ISBN 9783800302222