Beschreibung:

Aus dem Englischen von Wiebke Schmaltz - dt. EA., 1. Auflage, OPp. m. OU., 375 S.

Bemerkung:

Zygmunt Bauman begibt sich diesmal auf die Spuren Sigmund Freuds. Glück - jedenfalls als Zustand - sei im Schöpfungsplan nicht vorgesehen, hatte Freud in »Das Unbehagen in der Kultur« 1930 gemutmaßt, um im Anschluss drei Anforderungen des Kulturkampfes herauszustellen: Schönheit, als das »Unnütze, dessen Schätzung wir von der Kultur erwarten«, Reinlichkeit, denn »Unsauberkeit jeder Art scheint uns mit Kultur unvereinbar«, und schließlich Ordnung - »eine Art Wiederholungszwang, die durch einmalige Einrichtung entscheidet, wann, wo und wie etwas getan werden soll, so dass man in jedem gleichen Falle Schwanken und Zögern erspart«. Kultur (lies: Moderne) hat selbstverständlich ihren Preis: Sie schränkt die Freiheit des einzelnen ein - Triebverzicht, Verdrängung und Nichtbefriedigung heißen ihre Voraussetzungen bei Freud. Das Lustprinzip wird auf das Maß des Realitätsprinzips zurückgeschnitten. Der Kulturmensch tauscht Glück gegen Sicherheit. Fast siebzig Jahre nach Freuds provozierender Bestandsaufnahme diagnostiziert Bauman nun eine Umkehrung der Verhältnisse: das Realitätsprinzip hat sich dem Lustprinzip unterworfen, erzwungener Verzicht von einer unbehaglichen Notwendigkeit in einen ungerechtfertigten Angriff auf die individuelle Freiheit verwandelt. In diesen Zeiten der Deregulierung und Privatisierung nimmt die individuelle Freiheit den höchsten Rang ein - als der Wert, an dem alle anderen Werte beurteilt und gemessen werden. Anything goes? Haben die alten Ideale der Moderne - Schönheit, Reinheit und Ordnung - ausgedient? Keineswegs, so Bauman, nur glauben wir heute, sie direkt »aus dem Erz des menschlich-allzumenschlichen Strebens nach Lust schmelzen« zu können, und zwar jeder und jede für sich im eigenen Auftrag. Erwuchs das moderne Unbehagen aus der Sicherheit, die zu wenig Freiheit ließ, so entsteht das postmoderne Unbehagen aus der Freiheit, die zu wenig Sicherheit gewährleistet. Produzierte das Übermaß an Ordnung langweilige und eintönige Tage, beschert uns das postmoderne Übermaß an Freiheit schlaflose Nächte - dem Unbehagen läßt sich nicht entgehen. Doch haben wir heute einen Vorteil: Wir wissen darum. Wir haben in der Moderne die schmerzliche Erkenntnis gewonnen, daß es eine Bilanz ohne Verlustseite nicht geben kann. Auch nach der postmodernen »Umwertung der Werte« kann das Glück seinen Platz nur zurückerhalten, wenn wir immer wieder optimales Gleichgewicht finden: »Die Freiheit der Freien erfordert die Freiheit aller« - Sehr gut erhalten.