Beschreibung:

Aus dem Russischen übersetzt und herausgegeben von Peter Urban - farbig illustr. OPp., 152 S. - Reihe: Winterbuch.

Bemerkung:

1987 wurde Joseph Brodsky, frisch gekürter Nobelpreisträger für Literatur, von Studenten gefragt, welchen russischen Prosaschriftsteller er im XX. Jahrhundert für den bedeutendsten halte. Brodsky zögerte mit einer Antwort, und als ihm Namen wie Babel, Bulgakov und Platonov zugeraunt wurden, sagte er schnell und bestimmt: »Dobycin. Leonid Dobycin«, einen Autor, der selbst in Rußland den wenigsten bekannt war. An ihm - er lebte 1894 bis 1936 - bestachen Brodsky die »Gogolsche Kraft«, »das geschärfte Gefühl für die Semantik«, die »Proustsche Aufmerksamkeit für das Detail (das in seiner Bedeutung die Hauptsache überwuchere)« und eine »starke Joycesche Note«, bezogen wohl vor allem auf The Dubliners. Alle diese Eigenheiten erkannte Brodsky an Dobycins Roman "Die Stadt N" (1935): »Leben in der Provinz. Alles geschieht wie immer in der russischen Provinz, genauer: nichts geschieht. Geschehen war, übrigens, die Revolution.« Die hier vorgelegten kurzen Erzählungen Dobycins - sie erschienen zwischen 1924 und 1930 verstreut in literarischen Zeitschriften und Almanachen Leningrads - bilden so etwas wie das Manifest des erzählerischen Stils dieses Autors, der sich im übrigen theoretisch nie geäußert hat, es sei denn in aphoristischen Bemerkungen in Briefen. Dobycins Erzählstil ist geprägt von Puschkins Diktum über die künstlerische Prosa »Genauigkeit und Kürze« wie von Anton Cechovs Forderung nach »äußerster Kürze«.