Beschreibung:

907 S., Abb. Originalleinen mit Schutzumschlag.

Bemerkung:

Aus der Bibliothek von Prof. Wolfgang Haase, langjährigem Herausgeber der ANRW und des International Journal of the Classical Tradition (IJCT). - Insgesamt sehr gut und sauber. - Die 75 Jahre der Johann Wolfgang Goethe-Universität entsprechen einem runden Menschenalter. Für eine Institution, die ja bereits mit ihrem ersten Lebenstag voll existent und lebensfähig ist, erscheint eine solche Zeitspanne aber entschieden länger und ereignisreicher. Im Kaiserreich gegründet, war die Frankfurter Universität die einzige auf deutschem Boden, die bürgerlichen Stiftungen, bürgerlichem Mäzenatentum ihre Existenz verdankte. Reiche Frankfurter, vielfach aus jüdischen Familien, trugen dazu bei, daß eine Art Experiment auf gelehrtem, wissenschaftlichem Gebiet innerhalb des darin gar nicht so experimentierfreudigen preußischen Staates gewagt werden konnte. Die Geschichte der Frühzeit, der Vorbereitung und Entstehung wurde seinerzeit von Paul Kluke geschrieben. Die neue Darstellung beschränkt sich daher für diesen Zeitraum auf einen knappen, allgemeinen Überblick über die historische Entwicklung und die Charakteristik der vielfältigen und bemerkenswerten Besonderheiten der Universität. Der Professorenkreis um den Kurator Kurt Riezler, der der sogenannten ?Georginen? - der Anhänger Stefan Georges -, der der religiösen Sozialisten um Paul Tillich und Martin Buber, das Institut für Sozialforschung und anderes mehr werden dem Leser vorgestellt. Die Frankfurter Universität durfte als eine sehr moderne experimentiergeneigte, dabei liberal offene und wohlhabende Anstalt gelten. Nur hier gab es eine vollständige Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät und eine - andernorts noch seltene - Naturwissenschaftliche. Die Verankerung in der Stadt war tief und schien dauerhaft. Die Machtergreifung und ?Gleichschaltung? der Universität im Dritten Reich mußten an einer Anstalt, an der viele jüdische Gelehrte wirkten und entscheidende Gegner der Nationalsozialisten lehrten, tiefgreifende Folgen zeigen. Sie werden in diesem Buch minutiös nachgezeichnet. Von der ?Säuberung? der Hochschule über die Indienstnahme der Dozenten und Studenten, die Auswechslung der verantwortlichen Personen in Stadt und Universität, die Berufungspolitik, die Errichtung neuer Institute wie das für Rassenhygiene und Erbbiologie bis hin zum ?Dienst im Krieg? und der weitgehenden Zerstörung reichen die Kapitel. Daran anschließend werden die Wiederaufbauversuche 1945, die Universitäts- und Besatzungspolitik der Amerikaner, die Universitätspolitik der ersten Großhessischen Regierung dargestellt wie auch die geistigen Neuanfänge und Reformversuche der Universität selbst. Die äußeren Bedingungen im damaligen Frankfurt wie die im Nachkriegsdeutschland bis hin zur Währungsreform von 1948 bilden einen entsprechenden Hintergrund. Auch damit betritt diese Darstellung völliges Neuland. Entnazifizierung, Re-Education-Politik, Wiedergutmachung, aber auch Wiederbesetzung freier Lehrstühle, Errichtung neuer Institute wie das für Politik, für Geschichte der Naturwissenschaften, für Soziologie werden erörtert. Die Finanzierungs- und Wiederaufbauprobleme in der zerstörten Stadt, innerhalb der katastrophalen äußeren Lebensbedingungen, werden ebenso geschildert wie die bedeutsamen Feiern des Jahres 1948 oder das folgenschwere Austauschprogramm mit der Universität Chicago. Der rasche Ausbau auch der Wissenschaften und ihrer Institutionen in Folge des Wirtschaftswunders, die gravierende Nachwuchspolitik in vielen Fächern, die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit, der Wunsch zur internationalen Wieder-Anerkennung und viele weitere Probleme der Zeit bis hin in die frühen 50er Jahre beschließen diese Geschichte. - Der Autor: Notker Hammerstein ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität Frankfurt am Main. ISBN 9783472001072