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Aus der Bibliothek von Prof. Wolfgang Haase, langjährigem Herausgeber der ANRW und des International Journal of the Classical Tradition (IJCT). - Altersbedingt vergilbt, gutes Exemplar. - EINLEITUNG Um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert entwickelte sich in Deutschland innerhalb der Sprachgemeinschaft ein neues, bewußtes Verhältnis zur Sprache. Die Sprache trat aus dem Bereich des unmittelbaren Sprachvollzuges, dessen Ordnung allein das Bemühen antiker und mittelalterlicher Grammatik galt, und stellte sich dem erwachenden Sprachbewußtsein nun als ?Gegenstand, als Problem und als Aufgabe?.1 Der geistige Wandel, der nach dem Zusammenbruch des mittelalterlichen Weltbildes im Verhältnis der europäischen Völker zu allen Lebensbereichen sichtbar wurde und nach neuen Aussageformen für eine veränderte Denkweise suchte, schloß in wachsendem Maße auch die Sprache ein. Das Gefühl für die Eigenart und den Wert der eigenen Sprache erwachte zuerst in Italien. Bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts fand die Frage, ob die Landessprache, die ?vulgaris locutio?, in Literatur und Wissenschaft neben das bis dahin allein herrschende Latein treten dürfe, lebhaften Widerhall. Die literarische Bedeutung der in italienischer Sprache verfaßten Schriften Dantes, Boccaccios und Petrarcas, das Bemühen gelehrter, einflußreicher Dichter und Fürsten um eine neue Wertung der Volkssprache und die bewußte Sprachpflege des Humanismus führten im Laufe des 15. Jahrhunderts zur allgemeinen und bewußten Gleichstellung des Italienischen mit der lateinischen Sprache. In Spanien, Frankreich, England und den Niederlanden zeigte sich diese vom Kulturbewußtsein der Renaissance getragene Geistesströmung nicht vor dem Jahre 1500. Deutschland verdankte dem in Italien herrschenden sprachlichen Selbstbewußtsein wesentliche Anregungen. In der Auseinandersetzung mit dem literarischen Führungsanspruch italienischer Humanisten und Dichter beschäftigten sich deutsche Gelehrte eingehend mit den überlieferten historischen und literarischen Denkmälern des deutschen I Altertums und weckten den Sinn für die Geschichte und Sprache des eigenen Volkes. Widerspruch erhob sich vor allem gegen die von italienischen Humanisten vertretene Auffassung, daß das Deutsche als ?lingua non declinabilis? eine barbarische Sprache sei. Von nun an richtete sich in Deutschland das Streben darauf, das Alter, die Würde und die Heiligkeit der geschmähten Muttersprache zu erweisen. Das Alter und die Ursprünglichkeit einer eigenständigen germanischen Kultur und Sprache bewiesen die im Jahre 1457 entdeckte und 1470 zum ersten Mal gedruckte ?Germania? des Tacitus und andere schon vor 1500 veröffentlichte Quellen zur deutschen Geschichte.