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VI, 391 S.; 20 cm, Originalleinen kaschiert.
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Guter Zustand. -- Sprache im religiösen Bereich - das ist ein überaus verschiedengestal-tiger und aspektreicher Phänomenkreis; es sei nur an so unterschiedliche Erscheinungen erinnert wie Mythos, magische Beschwörung, kultischer Gesang, Gebet, Verkündigung, Äußerungen von Ekstase, Dogma, Vermittlung mystischer Erfahrung. Die Forschung, die sich diesem reichhaltigen Feld zugewandt hat, hat es bislang selten versucht, dieses im ganzen zu erschließen. Sie hat einzelne Sprachvorkommen untersucht und - durch die jeweiligen Wissenschaftszusammenhänge bedingt - sehr verschiedenartige Fragestellungen verfolgt und voneinander oft ganz unabhängige methodische Ansätze entwickelt. Die Integration dieser in Theologie, Religionswissenschaft, Philologie, Sprachwissenschaft und Logik geleisteten Arbeit bleibt eine noch zu lösende Aufgabe. -- Ihren Anfang hat die wissenschaftliche Beschäftigung mit religiöser Sprache in der langen Tradition der philologischen Erschließung der heiligen Texte, und diese hat ohne Zweifel das Fundament für alle weitere Arbeit auf diesem Feld gelegt. Es wird auch immer die Auseinandersetzung mit den Worten und dem Sinn der in den großen Religionen kanonisierten heiligen Schriften im Mittelpunkt der Erforschung religiöser Sprache stehen. Gleichwohl deckt sich das Problemfeld, das wenigstens partiell zu beleuchten sich dieser Band zur Aufgabe gestellt hat, keineswegs mit den Themen der Bibelwissenschaft und der philologischen und hermeneutischen Disziplinen, die den entsprechenden Überlieferungen der anderen Religionen gewidmet sind; es soll hier vielmehr die Aufmerksamkeit besonders auf andere Bereiche und Aspekte gelenkt werden. Wenn - als Fernziel - so etwas wie eine universale Theorie der religiösen Sprache ins Auge gefaßt werden kann, dann müssen eben gerade auch solche nichtkanonisierten Spracherscheinungen ihre Berücksichtigung finden. Die ältere, fast ausschließlich historisch interessierte Sprachwissenschaft fand ihr Thema vor allem in der Übernahme des christlich-lateini-schen Wortschatzes in die Nationalsprachen des frühen Mittelalters, auf germanistischem Feld also hauptsächlich in der Ausbildung der "althochdeutschen Kirchensprache". Mit der Dokumentation des lexikalischen Befundes an Lehnwörtern und Lehnprägungen verband sich die subtile Frage, inwieweit die Wiedergabe der lateinischen Begriffe durch heimisches Wortgut die Inhalte affizierte, inwieweit die christliche Botschaft "germanisiert" wurde - ein bei allen missionierenden Religionen fundamentales semantisches Problem. -- Wortgeschichtliche Forschung hat die weitere Entwicklung der christlichen Begriffe verfolgt; doch ist die umfassende Darstellung der Geschichte des christlichen Wortschatzes im Deutschen (und, soweit ich sehe, auch in den anderen europäischen Sprachen) eine bei weitem noch nicht erledigte Aufgabe. Was aus den späteren Jahrhunderten die Aufmerksamkeit insbesondere auf sich gezogen hat, sind die Bibelübersetzungen und die sprachlichen Mittel, die die mystische Tradition vom 13. bis zum 18. Jahrhundert ausgebildet hat. Den Versuch, die Ergebnisse solcher sprachgeschichtlichen Forschung für die Praxis des geistlichen Lebens fruchtbar zu machen, hat in Deutschland meines Wissens als einziger F. Melzer unternommen, dem in diesem Sammelband seines Lebenswerkes wegen ein Ehrenplatz gebührt. Es ist der Versuch, die Geschichte des christlichen Wortschatzes wieder lebendig werden zu lassen als Stoff und Anregung der gegenwärtigen religiösen Besinnung2. -- Sozusagen ein wilder Trieb in der Entwicklung des christlichen Wortschatzes ist erst in den letzten beiden Jahrzehnten in größerem Maßstab untersucht worden: seine Säkularisierung. Schon in der Dichtung des Mittelalters, vor allem aber in der Neuzeit seit dem späten 18. Jahrhundert, wurden christliche Ausdrücke zur Bezeichnung profaner Sachverhalte verwendet, von Dichtern, Philosophen, Agitatoren, dann aber auch in der Alltagssprache, mit vielerlei Motiven und Schattierun gen vom spielerischen Wort- und Zitatgebrauch bis zu einer emphatischen Sakralisierung der Welt. A. Langens Beitrag steht paradigmatisch und wegweisend für diese Forschung in unserem Band. -- Die historische Sprachwissenschaft hat sich jedoch noch anderer Themen aus unserem Fragenkreis angenommen. Als Hilfsdisziplin der Religionsgeschichte versucht die Etymologie religiöse Vorstellungen aus einer Zeit, für die direkte Zeugnisse fehlen, ans Licht zu bringen. Die Erscheinungen der Sprachmagie und des Sprachtabus sind am Material vieler Sprachen untersucht worden: die Vermeidung gewisser Wörter aus religiöser Scheu und ihre Ersetzung durch umschreibende Ausdrücke einerseits, der zauberische Umgang mit Buchstaben, Wörtern und Texten andererseits. Beide Phänomene haben offenbar ihre gemeinsame Wurzel in dem archaischen Glauben an eine ontisch vergegenwärtigende Kraft der Sprache, an eine innige Verbundenheit von Zeichen und Bezeichnetem und sind somit echte Bezeugungen eines urtümlichen religiösen Denkens. Wenn es um den Einfluß der Sprache auf die Religion geht, so ist dabei in erster Linie das bereits berührte Problem der Affizierung von Glaubensinhalten durch ihre Formulierung mittels einzelsprachlichen Wortmaterials erörtert worden; aber man hat auch eine Fülle von kleineren Einwirkungen beobachtet, die besonders dem Volksglauben neue Vorstellungen zugeführt haben, indem fremdartige Begriffe oder Eigennamen volksetymologisch gedeutet oder sogar umgewandelt wurden. -- Sehen wir uns noch etwas weiter außerhalb der Theologie um. Zahlreich sind die philologischen Arbeiten über einzelne religiöse Autoren und Schriften. Sie analysieren im allgemeinen den Stil und den Wortschatz; da in ihnen jedoch gewöhnlich nicht auf das spezifisch Religiöse der analysierten Texte reflektiert wird, sind sie für unsere Fragestellung weniger ergiebig. Das gilt allerdings nicht für die germanistische Mystikforschung. Die sprachlichen Eigenheiten und Neuerungen der deutschen Mystiker forderten geradezu dazu heraus, die Motive für ihre Sprachschöpfungen in ihrer Botschaft zu suchen und umgekehrt nach der Leistungsfähigkeit ihrer Sprache für die Vermittlung der intendierten Inhalte zu fragen. (aus der Einleitung) ISBN 9783534066940