Beschreibung:

44 S.; 20,5 cm; fadengeh. Pappband.

Bemerkung:

Gutes Ex.; Gebrauchsspuren; Stempel; hs. Eintragungen (Bleistift). - ... In seinen ethischen Schriften (Hauptwerk: "Kritik der praktischen Vernunft" 1788) verteidigt er die Selbständigkeit des Sittlich-Idealen. So gewiss der Mensch wissenschaftlich denken muss, so gewiss gehört auch sittliches Streben zu seiner geistigen Eigenart. Kant sucht das Grundgesetz unseres sittlichen Handelns auf eine Formel zu bringen, die unbedingte Gültigkeit für alle enthält. Soviel man auch gegen seine Formulierung einwenden kann, - energischer als er kann man den Wert der menschlichen Persönlichkeit, die nur dem mit ihrem innersten Wollen in Einklang stehenden Gesetz gehorcht, nicht betonen. Aus der Tatsache des sittlichen Strebens aber ergeben sich die Ideen: Freiheit, Gott, Unsterblichkeit. Sie dürfen nicht etwa als Lückenbüsser der Naturwissenschaft angesehen werden, nicht als Erklärungsgrund in den Fällen, in denen das wissenschaftliche Erklären uns etwa noch im Stiche lässt. Sie sind Postulate unsres praktischen Glaubens, einer eigenartigen Betätigungsform unsres Geistes, und haben, unabhängig vom wissenschaftlichen Denken, praktische Berechtigung. Damit ist auch das Gebiet des Sittlich-Religiösen gegen die Übergriffe der Naturwissenschaft gesichert. - Eine Weltanschauung, die wie die Kantische sich in gleicher Stärke auf Scharfsinn und Originalität des Denkens wie auf sittlich-religiösen Ernst gründet, musste naturgemäss den nachhaltigsten Einfluss auf das Geistesleben der Menschheit ausüben. So sehen wir denn die Phi-losophie des 19. Jahrhunderts - ich erinnere nur an Fichte und Schopenhauer - von seinen Gedanken ausgehen. So sehen wir unsre grossen Dichter von ihm beeinflusst. So zeigt auch die moderne Theologie die Spuren seines Geistes. Mit Recht nennt Chamberlain in seinem Werk: "Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts" Kant den wahren rocher de bronze unsrer neuen Weltanschauung. Und besonders in der Gegenwart, in der die Frage nach dem Verhältnis von Glauben und Wissen wieder im Vordergrund des allgemeinen Interesses steht, ist Kant geeignet, unser Führer durch das Labyrinth der Weltanschauungsfragen zu werden. ? (S. 4)