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72 S. 8°, Priv.Pbd. Hermann von Tessendorf (1831-1895) tat sich erstmals 1865 als engagierter Staatsanwalt in Burg bei Magdeburg hervor, als er gegen streikende Textilarbeiter strafrechtlich vorging. Nach seiner Versetzung nach Berlin begann die sog. Ära Tessendorf, in der er vorzugsweise gegen die sich im Allgemeinen Deutschen Arbeiter-Verein (ADAV) und der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) sammelnden organisierten Arbeiterschaft juristisch ermittelte. Hintergrund der Broschüre ist der von Tessendorf eingeleitete Repressionsschlag gegen den ADAV mitsamt ihrer angeschlossenen Unterorganisationen (z.B. Allgemeiner Deutscher Maurer- und Steinhauer-Verein, Deutscher Zimmererbund). Ergebnis des Prozesses war, dass dieser wegen Verstoßes gegen das restriktive preußische Vereinsgesetz erneut für aufgelöst erklärt wurde. Der ADAV wurde bereits im Oktober 1865 bzw. Februar 1866 und im Juli 1868 vom Königlichen Stadtgericht bzw. Kammergericht geschlossen. Da der ADAV u.a. durch die Schaffung von berufständischen de facto-Teilorganisationen weiterhin aktiv blieb, wurde dies als ein Zuwiderhandeln gegen das Vereinsgesetz gewertet. In der Anklageschrift formulierte Tessendorf seine Intention unzweideutig: 'Zerstören wir die sozialistische Organisation, und es existiert keine sozialistische Partei mehr'. Trotz der drastischen Ausdrucksweise fiel das Urteil doch recht moderat aus: 'Bei der Strafausmessung können bei allen Angeklagten gegenüber mildernde Umstände angenommen werden und zwar schon in Anbetracht dessen, was die Staatsanwaltschaft ausgeführt hat, nämlich dass offenbar die Angeklagten bemüht gewesen sind, nach bestem Wissen und bester Kraft sich innerhalb des Vereinsgesetzes zu halten und der Umstand, dass sie eben in dem guten Glauben gesetzlichen Verhaltens bestärkt worden sind dadurch, dass man seither, zum Theil Jahre lang, behördlicherseits, zu ihrem treiben schwieg. Es handelt sich also bei allen Angeklagten nur um Ahndung durch eine Geldbuße, und diese Geldbuße ist den Angeklagten gegenüber bemessen nach dem Maße der Bedeutung ihrer Thätigkeit.' Tessendorf schuf mit dieser Verurteilung eine Art Präzedenzfall für weitere Teil-Staaten des Bismarckreiches, dem preußischen Verbotsbeispiel zu folgen. Da der ADAV beinahe reichsweit verboten und dessen Aktivitäten folglich illegal waren, erhielten die Einheitsbestrebungen der SDAP mit dem politisch zugänglichen Spektrum des ADAV zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) auf dem Gothaer Vereinigungskongress 1875 auf diese indirekte Weise einen verfolgungsbedingten Auftrieb. In der Anklageschrift wird der ADAV als eine umstürzlerische Organisation charakterisiert: 'Der hier in Rede stehende Verein will zwar nach seinem Programm jenes Endziel lediglich auf gesetzlichem und friedlichem Wege erreichen; dass es jedoch hiermit nicht ernstlich gemeint ist und dass man eventuell keinen Anstand nehmen wird, den Weg der Gewalt und der Revolution zu betreten, ergeben die Hetzartikel des Parteiorgans und die Reden der Parteiführer und Agitatoren, sowie die dieserhalb erfolgten zahlreichen gerichtlichen Bestrafungen.' Mit diesem Prozessausgang war Tessendorfs Engagement gegen die deutsche Sozialdemokratie noch nicht erlahmt ? im Gegenteil: Am 30. März 1876 gibt Staatsanwalt Tessendorff bekannt, daß auf seinen Antrag hin die SAP für den ganzen Geltungsbereich des preußischen Vereinsgesetzes und speziell die Berliner Mitgliedschaft des Vereins mit einem (vorläufigen) Verbot belegt sei. Dieses Vereinsverbot war ein Vorbote der Inkraftsetzung der Sozialistengesetze (1878-1890). An der Spitze der SAP stand fortan bis zum Ende des sog. Sozialistengesetzes das Zentralwahlkomitee, das sich aus den Angehörigen der SAP-Reichstagsfraktion gruppierte. - Schriftzug auf Titelblatt, sonst guter Zustand.