Beschreibung:

S. 365-379. Sonderdruck, Klebebindung in Kartoneinband.

Bemerkung:

Quer gefaltet, sonst gut und sauber. - Aus dem Text: Wer in einer Paniksituation, z.B. bei einem Feuer im Kino, zum Ausgang eilt, wird auf zahlreiche Menschen mit dem gleichen Motiv, sich in Sicherheit zu bringen, stoßen, wodurch letztlich allen der Ausgang versperrt ist. Sozialpsychologen haben derartige Situationen in einem ebenso einfachen wie genialen Versuch simuliert. In einer Flasche befindet sich eine Anzahl von Metallplättchen, an denen je ein Faden befestigt ist, der aus dem Flaschenhals hinausführt. Nur jeweils ein Plättchen paßt zur gleichen Zeit durch die Öffnung. Erklärt man nun z.B. acht Versuchspersonen, daß der erste, der ein Plättchen herauszieht, 80 DM erhält, der zweite 70 DM usf., so weist die Situation nach dem "Startschuß" alle Merkmale einer Panik auf. Führt man ferner die Regel ein, daß die Entscheidungszeit sehr kurz ist - sagen wir eine Minute - so wird man des öfteren feststellen, daß alle Versuchspersonen leer ausgehen. Dieses Experiment, nach einer Idee von Mintz aus dem Jahr 1951, ist keinesfalls trivial. "Soziale Fallen" (Platt 1973) mit ähnlicher Struktur finden wir auf der Ebene kleiner Gruppen ebenso wie auf der Makroebene der Weltgesellschaft mit den einzelnen Nationen als handelnden Akteure. Beispiele wie das Wettrüsten, der Walfang der Japaner und Russen weit jenseits der das Gleichgewicht sichernden Reproduktionsrate, generell die Ausbeutung knapper Ressourcen, Umweltverschmutzung, aber auch der Wasserverbrauch in einem Mietshaus mit gemeinsamem Zähler mögen dies illustrieren. So verschieden die gewählten Beispiele und auch deren Strukturen sein mögen, so ist ihnen doch eins gemeinsam: in allen Fällen existiert keine "unsichtbare Hand", die à la Adam Smith individuelle Interessen und kollektive Folgen zur harmonischen Übereinstimmung bringt. Außerdem lehren die Beispiele, daß es ein - leider weitverbreiteter Kurzschluß wäre - von den sichtbaren Folgen auf die unsichtbaren Motive der Handelnden zu schließen. Interdependentes Handeln kann zum Gegenteil des ursprünglich Beabsichtigten führen, das gerade ist der Kern der sozialen Paradoxien (Boudon 1980; Schelling 1978).