Beschreibung:

14 S. Originalbroschur.

Bemerkung:

Aus der Bibliothek von Prof. Wolfgang Haase, langjährigem Herausgeber der ANRW und des International Journal of the Classical Tradition (IJCT). - Einband etwas angefranst und beschmutzt, Bleistiftanstreichung auf Einband, sonst gut und sauber. - Ein Kollege von mir, Prof. Koch, hatte die diesjährige Programmarbeit übernommen, aber Gesundheitsrücksichten nötigten ihn, die Sache aufzugeben, und so trat an die Stelle der ?Geschichte der Lateinschule in Cannstatt? ein alt-philologisches Thema. Da nun die Zeit für die Ausarbeitung kürzer wurde, musste ich mich an etwas halten, was ich gerade in Prima (Klasse 10) lese. Ich wählte den griechischen Tragiker und zwar, da mich die poetische Ausdrucksweise der alten und modernen Dichter immer besonders interessirte, kam es dazu, dass ich des Euripides Iphigenie auf Tauris in dieser Beziehung zum Gegenstand meiner Programmarbeit machte. Ich that dies also nicht, weil ich diesen Schriftsteller und gerade dieses Werk von ihm für besonders geeignet gehalten hätte, ist ja von den 3 grossen Tragikern Euripides derjenige, der dem sermo pedestris am nächsten steht. Indes ist er eben doch ein Dichter und zwar ein grosser Dichter und die Iphigenie auf Tauris ist eine seiner gelungensten Schöpfungen sowohl hinsichtlich des Dialogs als auch einiger chorischen und monodischen Teile. Trotz des Zurücktretens von korrespondierend angelegten Chorgesängen, trotz des öfteren Mangels an poetischer Kraft der Sprache, trotz öfters eintöniger und auch tändelnder Manier (Bernhardy, der ihn aber wieder sehr gerecht beurteilt), trotz vielfachen Wortschwalls und anderer Fehler, die man bei ihm findet oder finden kann, findet sich so viel poetisch Wirksames und Packendes in dem sprachlichen Ausdruck an sich, und auch in der Iphigenie. Keine Ausbeute gewährt sie ihrem Inhalte nach für das erotische Gebiet. Ob und in wie weit sich die Ausdrucksweise des einen Tragikers von der des andern unterscheidet, oder auch ob und wie weit die tragische Ausdrucksart von der anderer Gattungen der Poesie sich abhebt, darüber wird mehr gesagt werden können als bis jetzt, wenn die einzelnen Werke mehr als bisher in dieser Beziehung durchforscht sind, wenn auch mehr Ausgaben von einzelnen Tragödien mit Wortererklärung erscheinen, wie z. B. die von Aschylos? Agamemnon von Enger-Gilbert-Plüss, die mir gerade zur Hand ist. Aus solchen Anhängseln allein kann man schon viel lernen. Im allgemeinen lässt sich sagen, dass mit der epischen Poésie der Dialog und natürlich die erzählenden Partien, also vor allem die Boten-Erzählungen, Verwandtschaft haben, während der chorale Teil, die eigentlichen Chorgesänge, und die Kommoi (Klagegesänge) des Chors und einzelner und die Monodien enger im Zusammenhang mit der Lyrik, beziehungsweise mit der chorischen Lyrik stehen. Im Dialog fehlen im allgemeinen und besonders bei Euripides die sogenannten epitheta ornantia der epischen, der homerischen Sprache, die in dieser Weise als stehende, stereotype Ausdrücke nur von Mund zu Mund und als eine Art Stammgut der Dichtenden und Vortragenden sich erhalten und vererben konnten, und gewöhnlich ist im eigentlichen Dialog nicht malerisch zu schildern, sondern es handelt sich um kurze Rede und Gegenrede von Freund zu Freund oder von Feind gegen Feind. (S. 1)