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32 S. Orig.-Karton.
Bemerkung:
Auseinandersetzung des Autors ?Wilhelm? mit dem im Frühjahr 1908 geplanten Enteignungsgesetz des Deutschen Reichstags auf der Grundlage der deutschen Expansionsbestrebungen gen Osten. Wer genau sich hinter ?Wilhelm? verbirgt, erschließt sich nicht weiter. Ob er ein Student Delbrücks ist oder vielleicht der Herausgeber unter einem Pseudonym - es lässt sich im Büchlein kein weiterer Hinweis finden. - Hans [Gottlieb Leopold] Delbrück (1848-1929), Historiker und Buchautor, Professor an der Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin. Er studierte Geschichte und Philosophie, war Mitherausgeber der ?Preußischen Jahrbücher?, (eine Monatszeitschrift, die sich kulturpolitischen Themen widmete). In den Jahren 1884-1890 saß er als Mitglied der Deutschen Reichspartei im Reichstag, nach seinem Ausscheiden widmete er sich ganz dem Schreiben verschiedener Publikationen. Vor allem auf dem Gebiet der Militärgeschichte machte er sich einen Namen. Trotz konservativ-liberaler Gesinnung vertrat Delbrück, einem Gegner der völkischen Ideen, bei verschiedenen Themen sozialdemokratische Positionen (z.B. Öffnung der Universitäten für Frauen, Abschaffung des preußischen Dreiklassenwahlrechts, Ablehnung des Militarismus unter Kaiser Wilhelm II).
Delbrück war verheiratet und hatte sieben Kinder, wobei an dieser Stelle erwähnenswert ist, dass Justus Delbrück (ein Sohn von Hans Delbrück und Schwager von Dietrich Bonhoeffer), mit anderen Generälen im Widerstand gegen Hitler wirkte und 3 Monate nach dem Attentat vom 20.Juli 1944 verhaftet wurde. Seine Schwester Emmi Delbrück war mit Klaus Bonhoeffer verheiratet, einem der Beteiligten des Attentats. Der jüngste Sohn Max emigrierte 1937 in die USA und erhielt dort 1969 für seine genetischen Forschungen den Nobelpreis. - Das vorliegende Büchlein lässt sich für den Leser nachvollziehen, wenn man es in den historischen Kontext der im Deutschen Reich vorangetriebenen ?Germanisierungsbestrebung? Richtung Osten einbettet. - Die eigens 1886 von der Regierung gegründete ?Preußische Ansiedlungskommission? sollte die Expansion in die Ostgebiete und die Festigung derselben wahrnehmen, in dem in Posen, Westpreußen und Schlesien verschuldete Güter aufgekauft, aufgeteilt und an deutsche Siedler vergeben werden sollten. 1894 wurde in Posen der ?Deutsche Ostmarkenverein? gegründet ? ein Verein zur Förderung bzw. Stärkung des Deutschtums in den von Preußen annektierten Gebieten. Dieser Verein schreckte auch vor einer ggf. gewaltsamen Eindeutschung polnischer Bewohner Ostpreußens nicht zurück und die Propagandamaschinerie des Vereins mit einer völkisch-nationalistischen Ideologie gewann in der deutschen Öffentlichkeit und der preußischen Staatsregierung einen wachsenden Einfluss. Der Ostmarkenverein gab quasi die Steilvorlage, mit der die Staatsregierung das ?Gesetz über Maßnahmen zur Stärkung des Deutschtums in den Provinzen Westpreußen und Posen am 20.März 1908 (Enteignungsgesetz)? auf den Weg brachte. Dem (preußischen) Staat wird zur Sicherung des ?gefährdeten Deutschtums? und zur Stärkung deutscher Niederlassungen laut Gesetz das Recht verliehen ?hierzu erforderliche Grundstücke (?) nötigenfalls im Wege der Enteignung zu erwerben. Letztendlich wurde das Gesetz nur einmal angewendet und 1900 Hektar Land fielen dem deutschen Staat zu. (Quelle: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Dokumentation der ?Staatlichen Maßnahmen gegenüber der polnischen Minderheit und den Bevölkerungen in den überseeischen Gebieten des Deutschen Reichs 1871 bis 1918)
Mit diesem geschichtlichen Hintergrund lässt sich das von Delbrück herausgegebene Büchlein begreifen. Kurz vor der Novellierung des Gesetzes im März 1908 drängte es ihn mit der Herausgabe des Buches. Der Verfasser, auf dem Deckblatt als ?Wilhelm? betitelt, wird von Delbrück im Vorwort als ?vorzüglicher Kenner Polens und des ganzen Nationalitäten-Problems? gesehen und befindet, dass ?diese Untersuchung, die das ganze Problem mit höchster Schärfe und Klarheit ins Auge faßt? und bittet den Autor, ihm [Delbrück] die Schrift ?zur sofortigen Veröffentlichung (?)zu überlassen?.
Dem Leser liegt ein Aufsatz vor, in dem sich der Autor ?Wilhelm? kritisch mit dem im Frühjahr 1908 geplanten Enteignungsgesetz auseinandersetzt und letztendlich zur Schlussfolgerung kommt, dass sich der preußische Staat keinen Gefallen mit diesem Gesetz machen würde. Der Autor wendet sich nicht gegen eine deutsche Besiedlung der Ostgebiete per se, nein, er befindet es sehr wohl als eine ?unbedingte Pflicht des Staates, das Grenzgebiet [die Ostmark] nicht mehr und mehr der Slavisierung zu überlassen?, allerdings sei die Ansiedlungskommission (siehe oben) hier gescheitert. Statt sich nicht verkäuflichen polnischen Grundbesitzes zu bedienen, könne sie im Osten vorhandenen ?deutschen Großgrundbesitz in deutschen Kleinbesitz verwandeln?, um so ?eine kräftige deutsche Einwanderung nach dem Osten? zu fördern. Eine Rechtfertigung einer staatlichen Enteignung polnischen Grundbesitzes mittels des Gesetzes hält er für eine schlechte Lösung. Weitere Bedenken gegen das geplante Enteignungsgesetz erklärt der Autor wie folgt: ?[eine] Enteignung verläßt den Boden der tatsächlichen und ursächlichen Würdigung. Es handelt sich dann nur um irgend ein Mittel, die Polen eine Gewalt empfinden zu lassen, d.h. sie zu schädigen (?).? Der Verfasser befürchtet, dass der preußische Staat mit der Einführung dieses Gesetzes seine innere Festigung verliert und durch Unruhen der polnischen Bevölkerung in den Ostgebieten (vor allem der Polen, die dem preußischen Staat wohlwollend gegenüber stehen) sich unnötige Probleme verschafft und unfriedlichen Zeiten entgegen sieht. Auch aus wirtschaftlicher, sprich finanzieller Sicht spricht sich der Autor gegen das Gesetz aus, da durch hohe Grundstückspreise im Osten die Zahlungen unverhältnismäßig hoch würden. - Weitere Fotos finden Sie auf unserer Internetseite. - Einband gering gbräunt und etwas fingerfleckig; Ecken und Kanten etwas bestoßen.