Beschreibung:

80 S. mit zahlr. s/w Fotos, Gebundene Ausgabe.

Bemerkung:

Beiliegend eine handschriftlich ausgefüllte und unterschriebene Dankeskarte des Autors, das Buch sehr sauber erhalten.Einband gering berieben. - Wie für den Landschaftsmaler, so formt auch unserem Auge das Grüne die großen Flächen. Wenn wir uns aber in der Wiese oder am Waldrand zur Ruhe niederlassen, und der Blick geht geruhsam absichtslos einmal ins einzelne, da kann es vorkommen, daß uns der Reichtum der Gestalten bewußt wird, daß wir die vielen Formen sehen, welche dieses Grüne aufbauen, die es aber geradezu versteckt und die unser Auge sich erst herauslösen muß. Suchen wir einmal nur auf wenigen Metern um uns herum etwas von dieser Gestaltenfülle zusammen, am Waldrand vielleicht - nur ein Blatt von jeder Art, die da wächst -, wie groß ist die Freude und wohl auch das Staunen über so viel Gestaltung. Wir legen diese schönen Formen auf einen schlichten weißen Untergrund: »Wer sie heraus kann reißen« aus der Natur, so sagte Albrecht Dürer, wer so den reinen Umriß dieser Gestalten schaut, dem wird ein großes Geschenk zuteil. Wer hat herrlicher davon gezeugt als Dürer selber in seinen Pflanzenstudien. Etwas vom Glück dieses Herauslösens aus dem großen grünen Ganzen blüht jedem, der guten Willens ist. Tet von Borsig hat es in diesem Buch für uns alle versucht. Mir ist diese Sammlung von Formen des Pflanzlichen wie eine Aufforderung, wie ein Ruf zur eigenen Mitarbeit, zur Fortsetzung des Feldzugs, den das Kamera-Auge für uns begonnen hat. Ein stiller Feldzug, die friedliche Eroberung eines wunderbaren Feldes! ... Wir lernen, daß auch die Gesetze der Blattstellung mithelfen, um den Sonnenschein allen Blättern zukommen zu lassen. Das schöne Mosaik, das die Blätter in der Ansicht von oben bieten, hat auch seine nützliche Seite, so gut wie die Träufelspitzen der Blätter im tropischen Regenwald. Da ist so viel Zweckmäßiges, daß der technische Geist gern dabei verweilt und zuweilen gar die Blattgestalten damit als erklärt erachtet. Wir gehen indessen noch ein Stück Weges mit dem Gestaltforscher. Er wird da und dort darauf hinweisen, daß die weltweite Aufgabe der Verwandlung von anorganischem Stoff in organische Substanz von jeder Pflanzenart durch ihre besondere Blattgestaltung gelöst wird. Auch wird er zeigen, daß die Blattformen im einzelnen nicht nur Lösungen für die technischen Aufgaben der chemischen Blattgrünfabrik sind, sondern daß gerade die auffällige Vielfalt der Formen durch die Analyse dieser technischen Leistung ungeklärt und rätselhaft bleibt. Sie findet ihren Sinn in der obersten Eigenschaft des Lebendigen, nicht nur irgendwie zu existieren, sondern in kennzeichnender Form da zu sein, als »Art« unterscheidbar da zu sein. Das geheimnisvolle Wesen, das die Forscher »Artplasma« nennen (das Keimplasma mit den Erbfaktoren im Zellkern) lebt nicht nur in seiner molekularen Seinsart - es stellt sich in einer prägnanten Form, in einer typischen Gestalt dar. Diese Eigenart des Lebendigen gibt der Forschung manche der am schwersten lösbaren Rätsel auf, vielleicht auch unlösbare Fragen, die der technische Verstand gern mit der Begründung abweist, daß diese Blattgestalten in ihrer Mannigfaltigkeit eben »purer Zufall« seien. Das glaubt indessen niemand so recht, und viele Forscher anerkennen, daß hier ihnen Rätsel aufgegeben wurden, und sie suchen nach anderen Möglichkeiten des Verstehens. Eine Voraussetzung für ein solches Suchen ist freilich, daß wir in uns den Sinn für den Reichtum ausbilden, der da vor unseren Augen ist. Wer in dieses Reich der Gestaltforschung eintritt, wird die Leidenschaft Goethes verstehen, der den Wandel der Blattform als ein großes Phänomen der lebendigen Natur über 40 Jahre lang verfolgt hat, weit über die Zeit hinaus, da er um 1790 seinen »Versuch, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären«, vollendet hatte. Er hat in diesem Werk, die Wissenschaft der Formenlehre mitbegründend, zugleich auch die Grenzen der Wissenschaft im mächtigen Aufschwung seines anschauenden Denkens überschritten - zum Glück für uns alle... (Vorwort)