Beschreibung:

183 p. Original cloth.

Bemerkung:

Aus der Bibliothek von Prof. Wolfgang Haase, langjährigem Herausgeber der ANRW und des International Journal of the Classical Tradition (IJCT). - Leicht beriebener Einband sowie sehr schwach erkennbare, braune Fingerabdrücke auf Vorsatz. Ansonsten altersbedingt im sehr guten Zustand. - Inhalt: Wer sich anschickt, die Interpretationskunst des Donat zu würdigen, eines der besten Kommentatoren, die uns die Antike geschenkt hat, muß bald die Erfahrung machen, daß er auf sehr unsicheren Grund baut: Nicht nur die Scheidung der später hinzugewachsenen Scholienmasse vom ursprünglichen Kommentar ist problematisch, sondern auch die Konstituierung des Textes selbst. Auf Schritt und Tritt hat sich der Leser mit gedanklichen, sprachlichen und stilistischen Härten zu mühen, die nicht auf den Autor zurückgehen können, sondern ihren Ursprung in der späteren Überlieferung haben. So muß denn vorrangig vor einer - über Klien-Paweletz (Aelius Donatus als Kritiker der Komödien des Terenz, masch. Diss. Innsbruck 1948) hinausführenden - Untersuchung über die .Poetik' des Donat ein zuverlässiger Text erstellt werden: die seit 1905 maßgebliche und gewiß verdienstvolle Ausgabe Wessners, eines tüchtigen Kenners der lateinischen Scholienliteratur, bleibt weit hinter den an sie gestellten Anforderungen zurück. Die dringlichste Aufgabe bei diesem Unternehmen besteht in der Kollation des von Warren im Jahre 1905, kurz nach dem Erscheinen der Wessnerschen Edition, entdeckten Codex Chigianus, der seit 1924 in der Vaticana aufbewahrt wird (H VII 240). Warren hatte erkannt, daß diese Handschrift zu den wertvollen Textzeugen des Terenzkom-mentars gehört, zumal sie ein zuvor unbekanntes Apollodor-Fragment ans Licht brachte (zu Hec. 620), konnte sie aber nur kurz benützen, so daß seine Mitteilungen in HSPh 17, 1906, 33-42 nur einen ersten, knappen - oft ungenauen oder gar falschen - Eindruck vermitteln. Kauer, der sich zur gleichen Zeit wie Warren in Rom aufhielt, hat den Codex ebenfalls nur flüchtig eingesehen und im Rahmen einer Besprechung des zweiten Bandes der Wessnerschen Ausgabe kurz über ihn berichtet (BPhW 26, 1906, 14-17). Wessner selbst hatte offenbar später die Kollation der ?sehr wichtige(n) Donathandschrift?, die eine Überprüfung seiner Ausgabe notwendig machte (BPhW 51, 1931, 639), in Angriff genommen (vgl. auch BPhW 49, 1929, 1292,5), hat sich jedoch in der Folgezeit nicht wieder über sie geäußert, so daß wir bis heute über den Chigianus ganz ungenügend unterrichtet sind (vgl. H. Marti, Lustrum 6, 1961, 150). Diesem Mangel will die folgende Untersuchung abhelfen. Ich habe den Codex anhand eines Mikrofilmes kollationiert und dabei festgestellt, daß er von großer Bedeutung für die Überlieferung des Terenz-Kommentars ist: er bestätigt 20 Sonderlesarten oder Konjekturen der editio princeps, 3 weitere der editio Mediolanensis, 80 eigentümliche Varianten oder Konjekturen von Stephanus, 60 Konjekturen neuerer Gelehrter, bietet an 65 von Wessner (oder seinen Vorgängern) stillschweigend verbesserten Stellen (meist handelt es sich um Terenzzitate) die korrekte Form, enthält über 300 neue richtige oder erwägenswerte und ca. 50 leicht zu emendierende Lesarten und stützt über 140 bisher schwach bezeugte oder zu Unrecht in den Apparat verwiesene Varianten. In einem ersten Kapitel gebe ich eine Beschreibung des Codex, wobei ich orthographische und paläographische Eigenheiten bespreche, die für die Überlieferung lateinischer Texte im Mittelalter von Interesse sind. Im zweiten Hauptteil führe ich die für die Konstitution des Donat-Textes wichtigen Sonderlesarten auf und diskutiere ihren Wert; im dritten Abschnitt suche ich die Handschrift in die Tradition des Donat-Kommentars einzuordnen. Dabei erweist sich das von Wessner vorgeschlagene Stemma als unhaltbar. Durch eine genaue Untersuchung der ?Trenn- und Bindefehler" im Phormio-Kommentar kann die umstrittene Frage nach Beschaffenheit und überlieferungsgeschichtlicher Bedeutung des Carnotensis, eines durch Beschreibungen aus dem 15. Jh. bekannten Textzeugen des Terenz-Kommentars, gelöst und die Grundlage für ein neues Handschriften-stemma geschaffen werden. Bei dieser Erörterung ließ sich eine gewisse Ausführlichkeit nicht vermeiden, da der Chigianus, der von vier verschiedenen Kopisten abgeschrieben wurde, verschiedene Überlieferungsströme in sich vereint. In einem Anhang bringe ich schließlich ca. 50 weitere Verbesserungsvorschläge zu dem sehr verderbten Text dieses Kommentars. Herrn Prof. R. Kassel danke ich, daß er meine Aufmerksamkeit auf den Chigianus gelenkt und zu allen schwierigen Problemen bereitwillig seinen Rat beigesteuert hat. Daß diese Arbeit neben vielen anderen Funden auch die urkundliche Bestätigung einer von ihm früher publizierten Emendation bringt (s. S. 28), freut mich besonders. Herm Prof. A. önnerfors danke ich für manche wertvolle Hilfe, besonders in paläographischen Fragen, Herm D. Reinsch (Aristoteles-Archiv der FU Berlin) für das Kopieren der Wasserzeichen und die genaue Feststellung der Lagen anläßlich eines Romaufenthaltes, Herm Peter Brown (Trinity College, Oxford) für die Ausdauer, mit der er während eines Studiensemesters in Berlin Donat-Probleme erörtert und manche Lösung aufgezeigt hat, besonders auch für seine tatkräftige Unterstützung beim Lesen der Korrekturfahnen, den Herausgebern für die Aufnahme der Schrift in diese Reihe, der Deutschen Forschungsgemeinschaft für eine großzügige Druckbeihilfe, dem Verlag für viel Geduld und freundliches Entgegenkommen.