Beschreibung:

XVIII, 706 S. Originalleinen.

Bemerkung:

Aus der Bibliothek von Prof. Wolfgang Haase, langjährigem Herausgeber der ANRW und des International Journal of the Classical Tradition (IJCT). - Etwas beriebener Einband, minimal angeschmutzter Fußschnitt, sonst sehr gut und sauber. - Inhalt: 1. Übersicht über die wichtigsten Versuche die Entstehung des Cultus und des Mythos zu erklären -- 2. Übersicht über die wichtigsten Denkmäler, welche von der Geschichte des Mythos und des Cultus berichten. - Der grosse Aufschwung, den während des letzten Menschenalters die Wissenschaften genommen haben, ist der Mythologie, wenigstens soweit sie sich mit der Erklärung der Mythen beschäftigt, nicht zu gute gekommen: wer es mit dem wissenschaftlichen Erkennen ernst nimmt, wird fast zweifeln müssen, ob gegenwärtig von einer wissenschaftlichen Mythendeutung überhaupt gesprochen werden könne. Wohl Bind in den letzten Jahrzehnten einzelne treffliche Untersuchungen auch über den Sinn der Mythen erschienen, zu allgemein anerkannten Ergebnissen haben sie indessen nicht geführt; es herrscht die grösste Unsicherheit nicht blos über die Grundfragen, sondern auch über die Mittel, mit denen sie beantwortet werden müssen, und selbst die Fragestellung steht keineswegs fest. Der verschiedenen mythologischen Systeme sind fast ebenso viele, als der Forscher. Der Eine sieht in den Mythen sagenhafte Erinnerungen an die Ereignisse der Vorzeit, der Andere erkennt in ihnen tiefe philosophische Wahrheiten; einem Dritten wird jeder Held, der geboren wird, zur Morgen-und jeder sterbende Held zur Abendsonne, während wieder einem Anderen sich im Mythos Bilder für den Jahreslauf der Sonne zeigen. Ein Fünfter erblickt in den Kämpfen, von denen die Mythen erzählen, den Streit der im Gewitter entfesselten Elemente, in jedem Helden die aus finsterer Wolkennacht hervortretende lichte Sonne; ein Sechster entdeckt in den Göttern und Heroen die herrlich aufgeputzten Wichtelmännchen und Heimchen des Volksaherglaubens, ein Siebenter die Seelen der verstorbenen Ahnen. Wer da glaubt, es müsse die am wenigsten unwahrscheinliche Erklärung auch die richtige sein, dem steht fast für jeden einzelnen Fall eine ganze Reihe von Erklärungen zu beliebiger Auswahl. Daher ist dies auswäblende Verfahren in der Mythologie längst beliebt geworden: es ermöglicht, so grosse Verirrungen, wie sie alle einseitigen Mythendeutungen aufweisen, zu vermeiden, und empfiehlt sich auch deshalb, weil von vornherein die Einheitlichkeit der Mythen nicht nur nicht erwiesen, sondern sogar sehr unwahrscheinlich ist. - Otto Gruppe (* 18. Juli 1851 in Berlin; ? 27. November 1921 ebenda) war ein deutscher Altphilologe und Gymnasiallehrer. Gruppe, Sohn des Philosophen Otto Friedrich Gruppe, studierte an der Berliner Universität, wo er am 29. Januar 1873 promoviert wurde. 1874 legte er in Griechisch, Latein, Deutsch und Geschichte das Staatsexamen ab. Von 1876 bis zu seiner Pensionierung 1915 war er am Askanischen Gymnasium in Berlin tätig. Wissenschaftlich beschäftigte er sich vor allem mit Fragen der antiken Religionsgeschichte. ISBN 9783487045405