Beschreibung:

S. 65-103. Sonderdruck, Klebebindung in Papiereinband.

Bemerkung:

Aus der Bibliothek von Prof. Wolfgang Haase, langjährigem Herausgeber der ANRW und des International Journal of the Classical Tradition (IJCT). - Mit Widmung des Autors. - Name des Autotrs handschriftl. auf dem Einband, sonst tadellos. - Aus dem Text: Es mag mit jener pietistischen Innerlichkeit und idealistischen Weltabgewandtheit zusammenhängen - einem Charakterzug der Griechenbegeisterung des 18. Jahrhunderts, der auch das Ethos des Philologen geprägt hat -, daß die Klassische Philologie moderne Theateraufführungen der klassischen Dramen nur ganz am Rande und meist nicht ohne beträchtliches Mißtrauen wahrnimmt. Hinzu kommt, daß der Produktions- und werkästhetische Aspekt seit den Zeiten alexandrinischer Gelehrsamkeit die philologische Arbeit beherrscht. Die Perspektive der Rezeptionsgeschichte mußte zudem in der zweiten Hälfte des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in denen die idealisierte griechische Klassik als Mittel deutscher Selbstfindung diente, ganz generell wegen der damit verbundenen relativierenden Wirkung eher als gefährlich erscheinen. Was nun insbesondere das Theater angeht, so schienen die wechselnden Formen zeitgenössischer Theaterpraxis bei der Inszenierung griechischer Tragödien den Eindruck der Unzulänglichkeit zu bekräftigen, die derlei Darbietungen aus klassizistischer Sicht notwendigerweise anhaften mußte. Nur ausnahmsweise konnten moderne Aufführungen die Aufmerksamkeit der Philologen wecken, so etwa die denkwürdige Aufführung der "Antigone" des Sophokles im Neuen Palais in Potsdam 1841, mit der der Nachweis versucht wurde, daß auch in der Gegenwart noch ein wahrheitsgemäßer Eindruck vom antiken Tragödientheater gegeben werden könne. Bestärkt wurde eine solche distanzierte Einstellung zur Antikerezeption auf dem Theater im 19. Jahrhundert durch die Autorität Hegels, der es weder für möglich noch für wünschenswert hielt, daß die antiken Stücke auf der modernen Bühne aufgeführt würden. Sie gewähren zwar vollständige Befriedigung, aber nur als gelesener und gemäß dem Vorstellungsvermögen des Lesers vor dessen geistigem Auge inszenierter Text. Hegels Einschätzung trifft sich in diesem Punkt mit dem klassizistischen Purismus, der eine in die Innerlichkeit zurückgenommene Vision der Antike favorisiert, die durch eine moderne Aufführung nur gestört werden kann, und dessen Vertreter - Alfred Polgar nennt sie Gehirne mit Vollbart - noch Anfang des 20. Jahrhunderts Max Reinhardts Antike-Inszenierungen im Zirkusrund als blasphemische Entweihungen des Griechentums kritisierten. - Wikipedia: Gerhard Lohse (* 1934), deutscher Altphilologe.