Beschreibung:

Gr.-4°. 56,(4) S, mit zahlreichen, teils montierten, teils farbigen Abbildungen und Faksimiles + Anzeigenteil A-Q. Farbig illustrierter Orig.-Karton.

Bemerkung:

?Die Böttcherstraße?, benannt nach einer kleinen Bremer Straße, ist eine hochwertige Zeitschrift, die in 14 Heften in der Zeit von Mai 1928 bis Juli 1930 erschienen ist. Für damalige Verhältnisse relativ hochpreisig besticht die Zeitschrift durch eine kreative, farbige Deckblattgestaltung, Druckqualität auf hohem Niveau, eingebundene (teils farbige) Faksimiles und eine Vielzahl an Artikeln pro Ausgabe.- Ein roter Faden lässt sich nicht so recht erkennen, die Themen kreisen um Kunst, Architektur, Geschichte, Landeskunde, Kulturgeschichte ? eines jedoch ist ziemlich eindeutig: der völkisch-nationale Charakter der einzelnen Ausgaben. Genau das war im Sinne des Herausgebers Ludwig Roselius (1874-1943), Großindustrieller und Besitzer der Rösterei Kaffee HAG. Durch das in seiner Firma entwickelte Verfahren zur Herstellung koffeinfreien Kaffees und seiner weltweiten Vermarktung wurde Roselius zu einem der reichsten Männer Deutschlands. Ideologisch schon früh den deutsch-nationalen Zielen verbunden nutzte er die Zeitschrift durch Hervorhebung indogermanischer, nordischer und keltischer Schwerpunkte als Sprachrohr für seine völkische Weltansicht. Scheinbar widersprüchlich zur chauvinistischen Deutschtümelei finden sich in den Ausgaben jeweils ein Thema aus der ?Weltkultur?: ?Weltbild der Frau?, ?Weltreisen?, ?Weltmusik? etc. Gerade jedoch dieser Widerspruch macht die Zeitschrift zu einem kulturgeschichtlich interessanten Dokument, denn der (scheinbar) weltgewandte Blick und parallel die Hervorhebung des deutsch-nationalen Denkens war eines der Kennzeichen des damaligen Deutschlands. Gleichzeitig wird die Zeitung als internationale Werbeplattform für Kaffee HAG genutzt, wie die vielen Seiten der grafisch schön und auf edlem Papier gestalteten Werbeanzeigen erkennen lassen. - Hervorzuheben sei unbedingt der Journalist und Redaktionsleiter der Zeitschrift ?Die Böttcherstraße?, Albert Theile (1904-1986), der politisch konträr denkend zu Roselius als Gegner des Nationalsozialismus 1933 über mehrere Stationen schließlich nach Chile emigrierte. Dort gründete er 1942 mit anderen die Exil-Zeitschrift ?Deutsche Blätter ? für ein europäisches Deutschland, gegen ein deutsches Europa?. 1952, zurück in Europa, ließ Theile sich in der Schweiz nieder und widmete sein Leben weiterhin dem Schreiben, dem Übersetzen und der Völkerverständigung; 1971 erhielt er den Friedrich Rückert Literaturpreis. - Thema des Heftes: Weltreisen. Mit Beiträgen von K. v. Meyenburg (Weltall und Weltgefühl), Peter Hands (Traumwandern) und Mark Neven-DuMont (Engelbert Kaempfer). - Einband berieben; Ecken und Kanten berieben und bestoßen; Kapitale gering beschädigt: Seiten etwas gebräunt.