Beschreibung:

207 S. ; 21 cm, broschiert.

Bemerkung:

Aus dem Nachlass von Gerd Winkelhane (1949-2018), ab 1989 Leiter des Klaus Schwarz Verlages. Sehr guter Zustand. - Vorwort: Der Zusammenbruch der UdSSR zu Beginn der 1990er hat zu einer strategischen und politischen Entwicklung geführt, wie sie für Zentralasien gänzlich neu war. Bemerkenswert daran waren die innenpolitischen Entwicklungen, die mit zahlreichen politischen Verwerfungen einhergingen, aber auch die Versuche der unterschiedlichsten staatlichen und nicht-staatlichen player auf die Entwicklung in den neuen Staaten Einfluss zu nehmen. Dass hier neben internationalen und nationalen Kapitalgesellschaften auch Religionsgemeinschaften eine Rolle spielten, ist zunächst kaum beachtet worden. Neben den christlichen Missionsorganisationen verschiedenster Ausrichtung waren es auch muslimische Stiftungen. Die wachsende Bedeutung von islamischen Stiftungen ist von westlichen Beobachtern in den vergangenen Jahren verstärkt zur Kenntnis genommen worden. Dabei haben die Stiftungen vor allem aus der Golfregion besondere Aufmerksamkeit gefunden. Das liegt einerseits an den beträchtlichen Kapitalmitteln, über die dieses Organisationen verfügen und andererseits an den oft nicht ganz deutlich erkennbaren Programmen und Zielen, die die Stiftungen verfolgen. Vor allem nach den Anschlägen vom 11. September 2001 sind einige islamische Stiftungen in den Verdacht geraten, mit den ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln terroristische Aktivitäten zu unterstützen. Diese Verdächtigungen haben dazu geführt, dass die Stiftungen sich noch stärker zurückhalten, Einblick in ihre Tätigkeiten zu geben. Es lag also nahe, um genauere und verlässliche Kenntnisse über die islamischen Stiftungen zu erhalten ihre Aktivitäten zu untersuchen und weniger ihre Selbstdarstellungen zu analysieren. In der Darstellung von Dina Wilkowsky geschieht dies am Beispiel der Republik Kasachstan auf der Grundlage einer überragenden Kenntnis des Landes und der in ihm agierenden politischen Kräfte. Dank der sprachlichen Kompetenz der Autorin gelingt ihr auch der Zugang zu den relevanten arabischen Quellen. Sie kann daher sowohl die Formen der Einflussnahme der Stiftungen auf den islamischen Teil der kasachstanischen Gesellschaft darstellen, als auch die Motivationen der Stiftungen für ihr Engagement in Zentralasien herausarbeiten. Es gibt vor allem zwei Beweggründe, aus denen die islamischen Stiftungen vor allem aus der Golfregion, aber auch aus anderen arabischen Ländern sich in Kasachstan etabliert haben; beide Gründe hängen mit einander zusammen: Zunächst kamen die Stiftungen nach Zentralasien, weil ihnen bewusst war, dass die muslimische Bevölkerung im Verlauf der langen sowjetischen Herrschaft viel von ihrer muslimischen Identität und der Kenntnis der religiösen Praxis verloren hatten. Auch wenn die anti-religiöse Propaganda der Frühzeit der sowjetischen Herrschaft nach dem 2. Weltkrieg mehr oder weniger aufgegeben worden war und die Regierung Schon auf Grund der Zusammenarbeit mit islamischen Ländern dem Islam gegenüber zurückhaltender auftrat, konnte von einer Förderung doch nicht die Rede sein. Vor allem aber war der Kontakt zu den wichtigen Zentren islamischer Gelehrsamkeit erschwert, so dass die muslimischen Gelehrten in Zentralasien kaum die Möglichkeit hatten, die dogmatischen und theologischen Entwicklungen in den Kernländern des Islams kennen zu lernen. Die islamischen Stiftungen begannen also, durch Stipendien an arabische Universitäten Kader von jungen Muslimen aus Zentralasien zu entwickeln, die von ihrer religiösen Kompetenz her in der Klage waren, die islamische Bevölkerung ihrer Heimat mit neuen Entwicklungen in der islamischen Welt vertraut zu machen. Das traf nicht in allen Fällen auf Zustimmung durch die Regierungen. Des Weiteren finanzierten die Stiftungen in einigen zen- tralasiatischen Staaten islamische Zentren, die die Bevölkerung mit einer orthodoxen Form des Islams vertraut machen sollten. Auch hier kam es zu Spannungen mit den Regierungen. Der zweite Grund für die Aktivitäten war, dass die Stiftungen es als ihre Pflicht ansahen, die Muslime Zentralasiens gegen den Einfluss der christlichen Missionare zu wappnen, die nicht nur unter der religionslosen russischen Bevölkerung Einfluss zu gewinnen suchten, sondern sich auch an die muslimische Bevölkerung wandten. Es lag den Stiftungen daran, eine starke Resistenz gegen diese Versuche aufzubauen. Die vorliegende Untersuchung, die durch die VolkswagenStif-tung gefördert worden ist, bietet eine Vielzahl von Informationen, die in dieser Form bisher einer westlichen Leserschaft nicht zugänglich waren. Sie gibt einen paradigmatischen Einblick in die Aktivitäten islamischer Stiftungen in Zentralasien und die Reaktionen der politischen Eliten auf diese Bemühungen. Der Untersuchung ist angesichts der politischen und strategischen Bedeutung Zentralasiens im Allgemeinen und Kasachstans im Besonderen eine weite Aufmerksamkeit zu wünschen. ISBN 9783899301465