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35 S., broschiert.
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Aus dem Nachlass von Gerd Winkelhane (1949-2018), ab 1989 Leiter des Klaus Schwarz Verlages. Sehr guter Zustand. - Im Namen Gottes: Die Herausforderung des Islam in unserer Zeit wirft Fragen auf, die Publizisten und Politiker gleichermaßen wie die Theologen beschäftigen. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, durch religiöse, politische und wissenschaftliche Analysen zum Verständnis dieser Fragen beizutragen, aber je nach Fragestellung und abhängig davon, wer die Fragen gestellt hat, fallen die Antworten unterschiedlich aus. Politik und Publizistik interessieren sich vor allen Dingen für das äußere Erscheinungsbild einer in Umwandlung befindlichen Gesellschaft in Iran, die Wissenschaft hingegen bemüht sich, die tiefergehenden Ursachen dieser Herausforderung zu erkennen und zu begründen. Aus unterschiedlicher Sicht und Motivation versucht man in beiden Fällen, u.a. aus der islamischen Geschichte Einsicht in die Ereignisse der Gegenwart zu gewinnen. Geschichtliche Betrachtungen der islamischen Lehre sind nicht neu. Es hat auch nicht an gegenwartsbezogenen historischen Analysen des politischen Islam gemangelt. Ob dadurch allerdings die Ursachen für die im Laufe der islamischen Geschichte immer wieder aufgeflammten Kämpfe erklärt werden konnten, ist eine andere Frage. Die Erklärungen, die für einen Fall der Gegenwart, nämlich die Islamische Revolution Iran, gefunden wurden, lassen allerdings eher das Gegenteil vermuten. Der Massenaufstand des iranischen Volkes mit islamischen Parolen vor und während der Revolution wurde eben aufgrund dieser historischen Betrachtungen völlig falsch interpretiert und als ?Fanatismus" einiger ?sektierender" Gruppen gewertet. Wenn sich auch nach dem Siege der Revolution in einigen Kreisen die Einsicht durchsetzte, daß eine derart massive Volksbewegung mit solchen Etikettierungen nicht zu erklären sei, versucht man dennoch in Unkenntnis der starken sozialen Komponente des Islam, die Bewegung auf Auseinandersetzungen zwischen bestimmten Führungsgruppen zu reduzieren. So findet man zwar keine befriedigende Erklärung für die Ursachen der Freiheitskämpfe der Vergangenheit und der Gegenwart, aber die Kommentare passen nahtlos in die traditionelle Betrachtungsweise. Die Schwierigkeit, eine religiös motivierte Massenrevolution im Rahmen der traditionellen Geschichtsbetrachtung zu erklären, ist unseres Erachtens auf eine falsche Fragestellung zurückzufiihren! Stellt man z.B. den sozialen Auftrag des Propheten Mohammad als bloße Wohltätigkeit und Barmherzigkeit dar, so ist man zwangsläufig versucht, die falsche Frage zu stellen, warum die Nachfolger der Propheten im Laufe der Geschichte gestritten haben. Übersieht man den ständigen Kampf für soziale Gerechtigkeit im Islam, muß man diese Ereignisse unweigerlich als Machtkämpfe interpretieren. Daher bleibt es auch nicht aus, daß der Aufstand des Prophetenenkel Hussein in Karbala gegen die herrschende ungerechte Ordnung als seine persönliche Angelegenheit behandelt wird. Reduziert man eine lange ideologische Auseinandersetzung innerhalb der islamischen Welt auf bloße ?Personaldebatte" und auf ?irrationale" Liebe einiger Volksgruppen zum Hause des Propheten, so ist es nur folgerichtig, daß man diese ?Debatten" und ?Irrationalitäten" heute noch in einer Revolution der Massen suchen muß. Daß bei diesen Auseinandersetzungen bestimmte Führungspersönlichkeiten eine sehr wichtige Rolle gespielt haben, kann und soll hier nicht bestritten werden; Freiheitsbewegungen wurden erwiesenermaßen immer von starken Persönlichkeiten angeführt. Es wäre aber eine Umkehr von Ursache und Wirkung, wenn man einen Führer als Ursache für eine Bewegung bezeichnen wollte. Freiheitsbewegungen entstehen nicht, weil sie von ihren Führern gewünscht, sondern weil sie von den selbstbewußten Massen des Volkes getragen werden. Die islamische Lehre, die der Prophet Mohammad im Jahre 610 nach Chr. verkündete, löste unter den Mostaz'afin *) eine soziale Bewegung aus, die sich trotz reaktionärer Kräfte über Jahrhunderte hindurch fortentwickelte und zu einer unerschöpflichen Quelle aller Freiheitsbestrebungen der islamischen Völker wurde. Die Forderung Mohammads nach einer gerechten und solidarischen Gemeinschaft wurde weder widerspruchslos akzeptiert noch konnte sie zu seinen Lebzeiten vollkommen realisiert werden. Die grundlegende Umwandlung einer Sklavengesellschaft in eine Gemeinschaft (umma), die von jeder Diskriminierung frei sein sollte, stieß auf den Widerstand der Oberschicht, denn Mohammad hatte eine klare und eindeutige Position gegen die herrschende Klasse bezogen. Die Parole ?la ilaha ilallah" (?Es gibt keinen Gott außer Gott") und der Sturmlauf gegen die Götzen waren gleichzeitig eine Kampfansage an die herrschende Klasse. Der Polytheismus in all seinen kulturellen, politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Komponenten, dem Mohammad ein Ende bereitete, spiegelte die gesellschaftlichen Unterschiede wider. Vom Tage der Offenbarung bis zu seinem Tode (23 Jahre lang) bekämpfte der Prophet den Polytheismus als Ideologie der Oberschicht. Es gelang ihm, eine solidarische Gemeinschaft aufzubauen; aber der Zeitraum war nicht ausreichend, gleichzeitig sowohl das Bewußtsein des einzelnen zu wecken und zu entwickeln und das Selbstbewußtsein aller Mitglieder der Gemeinde so zu festigen, daß sie auch nach seinem Tode stark genug waren, frei von alten Traditionen und Bindungen, entsprechend dem wahren Islam zu leben. Aufgrund dieser Tatsache war es nach dem Tode des Propheten für die reaktionären Kräfte nicht schwer, den Islam im Sinne ihrer jeweiligen Interessen zu interpretieren und langfristig die Gemeinschaft wieder in die von ihnen angestrebte Klassengesellschaft umzuwandeln. (aus der Einleitung)