Beschreibung:

309 S. Broschur.

Bemerkung:

Mängelexemplar-Kennzeichnung auf unterem Seitenschnitt, sonst sehr guter Zustand. Die eminente Bedeutung des Verbandswesens erkannte schon früh Otto v. Gierke: ?Den Anteil, welchen in Deutschland wie Überall in den gewaltigen Kulturfortschritten der Gegenwart auf den Gebieten des politischen, geistigen und sozialen Lebens, das aus kleinen Anfängen in kurzer Frist zu einer Weltmacht erwachsene moderne freie Vereinswesen gehabt hat?, werde ?erst die Zukunft genauer zu bestimmen im Stande sein1.? Wenig später schrieb Fr. W. Raiffeisen: ,?Wir leben in einer Zeit der Vereinet So hört man heutzutage oft sagen ... Im großen und ganzen leben wir wirklich in der Zeit der Vereine. Der Umschwung, welcher durch verschiedene Ursachen in den letzten Jahrzehnten in den gesellschaftlichen Verhältnissen erzeugt wurde, die großen Unternehmungen drängen die minder bevorzugten, besonders aber die nothleidenden Klassen, zu Vereinigungen der verschiedensten Art, um Hilfe zu suchen, um sich eine bessere Lebensstellung zu erringen. Die Bildung der Vereine liegt also in unseren Zeitverhältnissen und ist dadurch geboten. So finden wir denn auch Vereinigungen auf fast allen Gebieten des öffentlichen Lebens, welche mit mehr oder weniger Erfolg arbeiten2.? Während Otto v. Gierke Verbände verschiedenster Art im Auge hat, denkt Fr. W. Raiffeisen vor allem an die Verbände der sozial Schwachen, an die von ihm und den anderen Vätern des Genossenschaftswesens initiierten Genossenschaften. Gleichzeitig stellt er damit aber auch noch ein für die Verbandsbildung ganz allgemein wichtiges Wesensmerkmal des kapitalistischen Systems heraus: Das Konkurrenzprinzip ermöglichte nicht nur den Einsatz technischer Erfindungen und wachsende mechanische Produktion, gleichzeitige Folge davon war auch das Absinken der ?Grenzmoral?3, ?die überaus bedeutsame Statusverschiebung im Sinne der Unterprivilegierung, das sozialstrukturell so bedeutsame ,Lag?, das Zurückbleiben, der Nichtanschluß an die industrielle Dynamik seitens der Arbeiter, der Handwerker (der Einzelhändler, J. W.), der Landwirte, des .Konsumenten? überhaupt, der zusehends vereinsamte und sich ausgeliefert wußte an eine dem ,Selbstinteresse? des Menschen angeblich am besten entsprechende ... Konkurrenzordnung.? Als diese Gruppen anfingen, sich ihrer spezifischen Notlage bewußt zu werden, verhalfen sie dem vom Liberalismus weitgehend verdrängten Gedanken der Organisation wirtschaftlicher Interessen zu neuem Auftrieb. Dieser Prozeß wurde noch verstärkt durch das Aufkommen der Kartelle: Die technische Ausgestaltung der Großbetriebe, die eine Zwangsläufigkeit der Produktion und damit eine Verringerung der Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit der einzelnen Unternehmungsgebilde an die sich ständig ändernde Marktsituation bedingte, führte dazu, ?daß die privatkapitalistische Wirtschaft selbst sich der freien Konkurrenz zu entziehen versuchte und mittels vertraglich gegenseitiger Selbstbeschränkung der eigenen Verfügungsfreiheiten sich in Kartellform solche Markt- und Absatzbedingungen zu schaffen versuchte, wie sie der technischen Zwangsläufigkeit der Produktion entsprechen?. Mit Genossenschaften und Kartellen, die auch als ?Marktverbände? (Vershofen) bezeichnet werden, setzen die Interessenorganisationen im ökonomischen Bereich ein. Bald organisieren sich auch weitere wirtschaftliche Interessen und schließlich erlangt dieser Prozeß einen gewaltigen Aufschwung, so daß ?Wirtschaftsstil und Wirtschaftsordnung unserer Epoche in hohem Maße durch das Verbandswesen geprägt werden?7, und unsere Gegenwartsgesellschaft als ?verbandsstrukturierte Gesellschaft? zu bezeichnen ist. In ihr ?kann von den Verbänden in der Gestalt der organisierten Interessen nicht mehr abgesehen werden. In bezug auf dieses verbandliehe Element ? und die mit ihm gegebene Interessendifferenzierung ? kann, ja muß von der ,pluralistischen Gesellschaft? gesprochen werden. Der hier zutage tretende Pluralismus? ist ein ,Interessenpluralismus?. Da aber mit den organisierten .Interessen? bestimmte .Werte? ins Spiel treten, ist zu Recht auch von dem .Wertpluralismus? der verbandsstrukturierten, der interessendifferenzierten Gesellschaft die Rede?. (aus der Problemstellung / Vorwort)