Beschreibung:

Jänner - 1. April 2002]. mit einem Text von Ernst Strouhal. [Gestaltung: Peter Putz und Rainer Wölzl].. 47 S. : zahlr. Ill. ; qu.-24 cm; fadengeh. Orig.-Pappband m. OUmschl.

Bemerkung:

Gutes Ex.; Umschl. mit 2 minimalen Einrissen. - ... Was bleibt, sind die Szenen der Gewalt: in vier Ins zehn Kader geteilt, jedes Blatt in einheitlichem Format, schwarze Blätter wie Bühnenbilder in einem schwarzen Theater der Geschichte. Trotz ihrer enormen Zahl schweigen die Blätter von vielem und sind sich der Schuld des Verschweigcns von vielem durch die Darstellung von einzelnem bewußt. Wölzls Mittel, dieses Schweigen bewußt zu machen, ist die Monochromie, die bis auf zwei Ausnahmen alle Blätter beherrscht. Das Schwarz kontrastiert zunächst die bunte Welt der Hoffnungen und Sehnsüchte, die sich an die Zukunft knüpfen. "Alles was ich sehe," schreibt Wölzl in seinem "Traktat über die Malerei des Verschwindens" aus 1983, "mir auffällt, mir zustößt, ist bereits vergangen, so auch die Zukunft, die auf mich zukommt. Vergangenheit - Vergehen - Verschwinden. Was bleibt sind Spuren, ist die Erinnerung, das Auftauchen, die Erscheinung, das Auslöschen der Zeit - zeitlos." Die Farbe der Auslöschung, der Negation von Zeit ist das Schwarz, symbolisch wie optisch die Farblosigkeit als Absorption von Licht. Zugleich meidet das Schwarz Wölzls das Anekdotische und den vornehmen Ton des Nihilisten, der diese Auslöschung nochmals zelebriert. Wölzls Monoehromie hat nichts Feierliches, nichts Magisches, sie bleibt im matten samtenen Glanz, den 01 auf Papier erzeugt, sachlich wie das Schwarz, das die Zahlen der Buchhalter auf der Habenseite kennzeichnet. Hier wird bildhaft vorgerechnet, abgerechnet und die "sachliche und rechnerische Richtigkeit" - Grundformel des modernen Rechnungswesens - bestätigt. Das ist es, was wir haben, eine Sollseite der Geschichte gibt es nicht mehr. In seinem Monolog "Der Idiot und der Buchhalter" läßt Wölzl Dostojewskijs Myschkin sagen: "Was wollen Sie? Sand im Getriebe sein. Sie werden dafür zahlen. Zahlen bis Sie schwarz werden. Schön wäre es. Schön schwarz wäre es." Vom Schwarzen Quadrat Malewitschs sind die finsteren Blätter Wölzls allerdings noch weiter entfernt als das bunte Marktgeschrei des utopischen Denkens. Trotz aller Sachlichkeit bleibt das Schwarz als Grundfarbe Wölzls sinnlich und kündet trotz aller Verdunkelung, Sprödigkeit und Negation in bestimmter Weise noch von Glück. Die Negation, heißt es bei Adorno, schlägt zwar nicht ins Positive um, doch sie vermag in Lust umzuschlagen, einer Lust, die sich aus der "Fähigkeit des Standhaltens" rekrutiert. Die Differenzierung des Schwarzen in den einzelnen Blättern Wölzls mag minimal sein, die Absorption von Licht fast vollständig, und man muß sich abmühen, um etwas zu erkennen, aber sein Pergamon bleibt gegenständlich. Seine Monochromie hält Stand in zwei Richtungen: Sie widersteht der Illusion einer bunten, kaleidoskopartig hellen Welt der Bilder ebenso wie der Sphinx des Schwarzen Quadrats, die alle Rechnungen auslöscht. Wenn Wölzl seine Malerei daher als "Malerei des Verschwindens" bezeichnet, so ist im Genetiv der Selbstwiderspruch, der Wölzl zur Produktivität treibt und ihn vor dem Verstummen bewahrt, miteingebaut. Auch wenn die Ansprüche bescheiden werden, auch wenn von Herakles wie bei Peter Weiss nur noch die Reste des Löwenfells sichtbar sind. ? (S. 13) ISBN 9783854521280