Beschreibung:

v. Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands beim Bundesminister für gesamtdt. Fragen, Band 5. Auflage: 1. 210 Seiten Taschenbuch

Bemerkung:

Strich auf Fußschnitt, sonst tadelloses Exemplar. - Einleitung: Demokratie und Zentralismus sind ursprünglich Begriffe, die für die politische Gestaltung eines Staatswesens wichtig sind. Dabei ist jedoch zu fragen, ob sie alternativer oder komplementärer Art sind. Ein demokratisch gestaltetes Staatswesen kann und muß ? wie jedes Staatswesen ? zentralistische Elemente enthalten, die in der Demokratie jedoch der Gewaltenteilung untergeordnet sind. Wird indessen der Zentralismus im Sinne einer Gewaltenvereinigung (funktionaler Zentralismus) zum alleinigen staatsgestaltenden Prinzip erhoben, so ist die Entfaltung eines echten demokratischen Lebens (im modernen Großraumstaat) nicht möglich. Überträgt man die beiden Gestaltungsprinzipien auf die Wirtschaftsordnung eines Staates, so ergibt sich ein ähnlicher Sachverhalt. Ob sich das wirtschaftliche Geschehen demokratisch oder zentralistisch vollzieht, ist von der Ausgestaltung der morphologischen Formelemente einer Wirtschaftsordnung abhängig, von der Beschaffenheit des Planungssystems, des Eigentums, der Märkte, des Geldes und der Unternehmungen sowie der rechtlichen und sittlichen Ordnung. Es ist kein Novum mehr, daß dem jeweils realisierten Planungssystem die entscheidende Bedeutung zukommt. Bei der Planung wirtschaftlichen Geschehens wird darüber entschieden, welchen Zielen menschlicher Lebensgestaltung die wirtschaftlichen Güter dienen sollen. Wer also Subjekt der Planung ist, kann den Wirtschaftsprozeß in dieser oder jener Weise beeinflussen. In der Frage nach dem Subjekt der Planung liegt zugleich das Kriterium für eine dem Prinzip nach demokratisch oder zentralistisch gerötete Wirtschaftsordnung. Werden in den sozialen Einheiten einzel-zrtschaftliche Pläne aufgestellt, in denen familiäre, betriebliche, gesellschaftliche oder staatliche Ziele verfolgt werden, so ergibt sich aus diesen zahlreichen und mannigfaltigen Planzielen eine Konkurrenz um die Verwendung wirtschaftlicher Güter. Diese Konkurrenz bestimmt den Verlauf des Wirtschaftsprozesses und ermöglicht somit eine freiheitliche Lebensgestaltung des einzelnen sowie aller sozialen Einheiten. Auch in einer solchen demokratisch geformten Wirtschaftsordnung können mehr oder weniger starke zentralistische Elemente enthalten sein. Je nach der ordnungspolitischen Ausgestaltung der Formelemente können z. B. Staatseigentum, oligopolistische oder monopolistische Marktformen. Unternehmenskonzentration oder dergleichen dazu führen, daß die Konkurrenz um die Verwendung wirtschaftlicher Güter und damit die Möglichkeit freiheitlicher Lebensgestaltung graduell eingeschränkt wird. Gleichwohl kann sie dadurch nicht aufgehoben werden, solange sich die Planung des Wirtschaftsprozesses auf der Basis einzelwirtschaftlicher Pläne vollzieht, solange also Demokratie das wirtschaftsgestaltende Prinzip ist. Die andere Form der Lenkung des Wirtschaftsprozesses liegt in der Zentralisierung der wirtschaftlichen Planung. Subjekt der Planung sind nicht zahlreiche Einzelwirtschaften, sondern eine in der Regel staatliche Institution, die ? wie das in den Ländern des Ostblocks der Fall ist ? ihre Weisungen von der politischen Führung erhält. Sie hat einen Volkswirtschaftsplan aufzustellen, in dem über die Verwendung aller wirtschaftlichen Güter gemäß den Zielen der politischen Führung entschieden wird. Die Lebensgestaltung des einzelnen ist somit abhängig von der Art und der Rangordnung der zu verwirklichenden politischen Ziele. Die Verwirklichung der zentralen Pläne erfordert in der Regel auch die Zentralisierung der übrigen Formelemente: Staatseigentum an den Produktionsmitteln, also auch staatliche Unternehmen, Lenkung des Marktgeschehens vermittels festgesetzter Preise, kontingentierter Rohstoffe und geplanter Einkommen sowie eine Geldrechnung, die vor allem der Leistungskontrolle dient. ? Ist nun in einer derart zentralistisch gestalteten Wirtschaftsordnung die Entfaltung demokratischer Elemente möglich, etwa beim Zustandekommen oder bei der Verwirklichung der zentralen Pläne? Diese angedeuteten, vom Thema her sich aufdrängenden Überlegungen waren der Anlaß für die vorliegende Arbeit. Wenn ?demokratischer Zentralismus? als Gestaltungsprinzip der sowjetzonalen Wirtschaftsordnung bezeichnet wird, so bedarf es der Klärung, ob und inwieweit der in dieser Ideenverbindung enthaltene Gedanke der Demokratie der wirtschaftlichen Wirklichkeit entspricht und entsprechen kann. ISBN 9783428005697