Beschreibung:

405 S. Originalbroschur.

Bemerkung:

Teilweise Farbmarkeranstreichungen von Professor Peter Reichel. - Deutungen der Vergangenheit dienen Gesellschaften zur Selbstvergewisserung. »Den besten Einblick in Ansichten, Absichten, Selbstverständnis und Identität einer Gesellschaft erhält man durch die von dieser Gesellschaft akzeptierten Geschichtsinterpretationen, die ja meist Endergebnisse einer intensiven Debatte innerhalb der Gesellschaft, bisweilen sogar Resultate einer Krise, einer Zerreißprobe sind.«14 Heutzutage haben geschichtspolitische Debatten über den Stellenwert des Nationalsozialismus, genauer, der nationalsozialistischen Gewaltverbrechen, eine besondere Bedeutung. Diese Debatten werden in Deutschand, Israel und den USA unter unterschiedlichen gesellschaftlichen und ideologischen Voraussetzungen und mit unterschiedlichen Intentionen geführt. »Bei aller Komplementarität und trotz einer parallelen Ideologiefunktion des Holocaust-Andenkens in Israel und Deutschland hat man es offenbar mit zweierlei Holocaust zu tun. Nicht nur die unterschiedlichen Perspektiven des >Opfer<- bzw. des >Täter<-Landes spielen dabei eine gravierende Rolle, auch nicht nur die Unterscheidung zwischen dem Holocaust als einem historischen Ereignis und dem >Holocaust< als Projektionsfläche für heteronom geprägte Interessen, sondern auch die (beidem verschwisterte) primär politisch-ideologische Dimension des >Erinnerns< in Israel und des >Entsorgens< (oder wenn man will erinnernden Vergessens<) in Deutschland.«15 Das erinnernde Vergessen meint nicht die Beschäftigung mit der Vernichtung generell, sondern die Erinnerung bzw. das Vergessen der Opfer im Stande ihres Opferseins. In Deutschland ist zusätzlich das Bewusstsein notwendig, in der Verantwortung der Nachkommen der Täter zu stehen. Nimmt man zu diesem Kontext die USA hinzu, so wird aus dem »zweierlei Holocaust« ein dreierlei Holocaust. Neben das Erinnern und das erinnernde Vergessen kann man die Transformation eines europäischen Ereignisses in die spezifischen gesellschaftlichen Bedingungen der USA, die Amerikanisierung der historischen Ereignisse stellen. Diese unterschiedlichen Voraussetzungen gilt es bei allen vergleichenden Ansätzen immer mit zu berücksichtigen. ISBN 9783593371153