Beschreibung:

Oder System der Wechselwirkungen, Theorie und Anwendung des thierischen Magnetismus als die allgemeine Heilkunde zur Erhaltung des Menschen. Herausgegeben von Karl Christian Wolfart. Mit dem Bildnis des Verfassers und 6 Kupfertafeln.. LXXIV + 356 S. Priv. Pp. der Zeit., Abbildung

Bemerkung:

Mit dem Frontispiz und allen sechs Kupfertafeln. - Einige Eckabschnitte (kein Textverlust), S. LXII sowie S. 109 und S. 175 mit Buntstift-Anstr. (Inhaltsverzeichnis), S. 109 m. hds. Nr., tlw. fleckig u. etw. feuchtigkeitsrandig, Gbrsp., R. m. oberflächlichen Fehlstellen (fachmännisch m. Japanpapier ohne Retusche geschlossen), bestossen, Tafel tlw. im Randbereich beschnitten. - Mesmer, (1734 - 1815), studierte 1744-50 an der Jesuitenuniversität in Dillingen und der Univ. Ingolstadt Philosophie und Theologie, erwarb nach eigenen Angaben einen philosophischen Doktorgrad und begab sich 1759 zum Studium zunächst der Jurisprudenz, dann der Medizin nach Wien. 1766 wurde er mit einer Dissertation über den Einfluß der Planeten auf den menschlichen Körper promoviert (De planetarum influxu); hier ist bereits die Rede von der "animalischen Schwerkraft" (gravitas animalis). Nach seiner Heirat mit Anna von Bosch eröffnete Mesmer in Wien eine Praxis und entwickelte seine Lehre des "tierischen Magnetismus". Kontakte bestanden zu den Musikern Christoph Willibald Gluck, Leopold und Wolfgang Amadeus Mozart; 1768 wurde das Singspiel Bastien und Bastienne in Mesmers Garten uraufgeführt. 1775 erschien das erste Sendschreiben über die Magnetkur, dem weitere folgten, die auch in andere Sprachen übersetzt wurden. Angriffe wegen der Behandlung der blinden Pianistin Maria Theresia Paradis waren die Ursache, daß er sich 1777/78 nach Paris begab. Dort setzte er seine Therapie mit großem Zuspruch in der höheren Gesellschaft und Verbreitung durch zahlreiche Schüler fort; allerdings kam es auch hier zu Widerstand und Kritik bei Gelehrten und Ärzten ... Beeinflußt von verbreiteten zeitgenössischen Vorstellungen des Mikro-Makrokosmos-Parallelismus und der Magnetkur, ging Mesmer von einem feinen physischen Fluidum ("Allflut") aus, das das ganze Weltall durchströmte und dessen Hemmungen oder Stockungen über die Nerven im Körper des Menschen Krankheit verursachten. Der Therapeut kann mit einem Magneten diese Störungen überwinden, was ihm auch durch "Striche" mit der Hand oder dem Zeigefinger oder allein durch den Blick gelingt; Spiegel und Schall können das Fluidum übertragen und verstärken. Mit Musik -- Mesmer spielte selbst virtuos die Glasharmonika -- kann die Therapie unterstützt werden. Zur Anwendung kamen auch Gefäße mit Metallstäben, die von mehreren Patienten gleichzeitig berührt wurden. Heilsamen Einfluß sollten ebenfalls "magnetisierte" Bäume ausüben können. Er sprach von animalischem Magnetismus oder Lebensmagnetismus, um den Unterschied zum physikalischen Magnetismus zu betonen. Eine Renaissance erlebte Mesmer mit seiner Lehre seit 1810 bei den Romantikern, während er sich selbst stets als Aufklärer verstand. Wesentlich trug hierzu das Werk Mesmerismus. Oder System der Wechselwirkungen bei, das von dem Arzt Karl Christian Wolfart 1814 [hier vorliegend] herausgegeben wurde und sich nicht nur auf Gesundheit, Krankheit und Therapie beschränkte, sondern auch Fragen der Erziehung, Gesellschaft und Gesetze behandelt ... Im "magnetischen Schlaf" oder "künstlichen Somnambulismus", einer Entdeckung des Mesmerschülers Armand Marc Jacques de Puységur (1784), sollen nach romantischer Sicht die Gesetze der Zeit und des Raumes aufgehoben, Kontakte zum Jenseits hergestellt werden, der Patient soll seine Krankheit diagnostizieren und selbst therapeutische Vorschläge machen können. Die weitere Entwicklung des Mesmerismus führte zur modernen Psychotherapie und Tiefenpsychologie (Hypnose, Suggestion), trug aber auch zur Ausbreitung von Okkultismus und Spiritismus bei. (DBE, in Auszügen).